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Warna – die wohl größte Perle an der bulgarischen Schwarzmeerküste

In Warna wurde das älteste verarbeitete Gold in Europa entdeckt.
Foto: bg.wikipedia.org
Bei der Verlegung von neuen Stromkabeln 1972 stießen die Arbeiter in der Schwarzmeermetropole Warna auf zahlreiche Gegenstände, die aus einem gelblichen Metall gearbeitet waren. Gott sei Dank wurden sie darauf aufmerksam, legten die Arbeit nieder und holten Experten aus dem städtischen Archäologiemuseum. Denn es stellte sich bald heraus – die Arbeiter hatten das älteste verarbeitete Gold in Europa entdeckt! Heute sind die liebevoll restaurierten Gegenstände Hauptausstellungsstück des archäologischen Museums von Warna. Es ist eine Sammlung von Bechern, Armreifen und sonstigen Schmuckstücken. Die um 4000 v.Chr. angefertigten Stücke sind kunstvoll gearbeitet und zählen zu den ältesten Goldobjekten, die weltweit entdeckt wurden.

Warna hat eine tausendjährige Geschichte. Wegen der außerordentlich günstigen Lage und guten Sichtweite bauten die Kobrisen am kleinen Kap des heutigen Hafengeländes bereits im Altertum ein kleines thrakisches Fischerdorf. Die eigentliche Stadtgründung datiert aber auf das 6. Jh. v. Chr., als kleinasiatische Griechen aus Milet die Stadt Odessos gründeten. Anfangs eine Kolonie von vorwiegend Fischern und Landwirten, entwickelte sie sich im 5. Jh. v. Chr. zu einem eindrucksvollen Handelszentrum. Bis zur Römerzeit wurde vorwiegend der thrakische Gott Darsalas verehrt, entgegen dem Kult der damaligen Zeit zu Apollo und Dionysos. Altgriechische und römische Nachweise belegen ihm zu Ehren veranstaltete Mysterienspiele, Wettkämpfe und Umzüge.

Alexander der Große belagerte im 4. Jh. v. Chr. die Stadt über längere Zeit, später erreichte sie den Status eines autonomen Stadt-Staates in seinem Reich. Zur Zeit Lysemachos wurde sie durch Aufstände befreit und erreichte erneut eine Vorrangstelle an der nördlichen Schwarzmeerküste. Bis zum 1. Jh. v. Chr. war sie eine freie Stadt, hier wurden Münzen mit dem Abbild ihres Schutz-Gottes geprägt. Von den Legionen des römischen Feldherrn Lucullus eingenommen, wurde die Stadt zum wichtigen römischen regionalen Zentrum. Der große römische Poet Ovid unterbrach hier seinen Weg in die Verbannung nach Tomi im heutigen Rumänien.

© Foto: BGNES


Odessos musste seine Führungsrolle allmählich an das unter Kaiser Trajan errichtete Marcianapolis (heute Dewnja) abtreten. Während der Raubzüge der Barbaren wurde es mehrmals erobert und zerstört, gehörte bald zum Territorium der Byzanz, bald lag es außerhalb seiner Grenzen. Seit dem 9. Jh. trägt die Stadt den Namen Warna. Vermutlich brachten die Protobulgaren aus Zentralasien die Bezeichnung. Nach zahlreichen Kriegen zwischen Bulgarien und Byzanz gehörte Warna im 13. Jh. unter Zar Kalojan zu Bulgarien. Zu den starken Befestigungsanlagen zählten die drei Festungen am Kap Galata, am Kap Hl. Dimiter und die Festung Petritsch am See von Beloslaw.

Trotzdem wurde die Stadt 1391 von den Türken eingenommen. Es kam zu einem raschen wirtschaftlichen Verfall. 1444 führten der polnische König Vladislav III Jagelo (Varnentschik) und der ungarische Woiwode Janos Huniadi ihren Kriegszug gegen die Stadt, die von Kreuzrittern belagert war. Trotz großem Kräfteaufgebot scheiterte die christliche Koalition, König Vladislav fiel. Ihm zu Ehren errichtete die Bevölkerung der Stadt ein Mausoleum. Im Laufe der Zeit siedelten sich viele Türken in Warna an, die der Stadt immer mehr ein orientalisches Aussehen verliehen. Moscheen wurden errichtet, Amtssitze der türkischen Verwaltung gebaut, türkische Bäder eröffnet. Der Kirchenbau war auf lange Zeit verboten. Warna war mit seinen Befestigungsanlagen fast uneinnehmbar und hatte die nordöstlichen Grenzen des Osmanischen Reichs zu schützen. Handelspolitisch blieb die Stadt von großer Bedeutung. Im Russisch-türkischen Krieg von 1828 wurde die Festung von den russischen Soldaten eingenommen und blieb längere Zeit in ihrer Gewalt. In den nächsten Jahrzehnten wuchs das Gefühl der nationalen Selbstbesinnung, es wurden Schulen eröffnet, Lesestuben eingeweiht, Kirchen errichtet.

© Foto: www.retrobulgaria.com

Der Haupteingang zum Meeresgarten

Nach der Befreiung von der Türkenherrschaft 1878 wurde Warna zur wichtigsten Hafenstadt Bulgariens. Ende des 19. Jh. wurde die Stadt an die Eisenbahnlinie nach Sofia angeschlossen. Fabriken wurden gegründet, der Fischfang industrialisiert. Unter Einfluss der europäischen Mode in Architektur und Wassertransport entwickelte sich Warna zum Seebad. Ferienheime und Unterhaltungsgaststätten wurden gebaut, die kulturelle Elite verbrachte künftig ihren Urlaub in Warna. Kurze Zeit hieß die Stadt Stalin, bekam jedoch 1956 ihren alten Namen zurück.

Die tausendjährige Geschichte der größten bulgarischen Schwarzmeerstadt Warna hat unzählige Sehenswürdigkeiten hinterlassen. Die mit Sicherheit wertvollste unter ihnen ist der Goldschatz von Warna. Im Jahre 1972 wurde am Rand der Hafenstadt ein kupferzeitliches Friedhof entdeckt, was selbst für die Kenner der Urgeschichte eine wahre wissenschaftliche Sensation war. Bei den Bauarbeiten wurden auch Reste von Siedlungen und einer Nekropole freigelegt. Die Nekropole liegt ca. einen halben Kilometer vom Nordufer des heutigen Warnaer Sees entfernt, nicht weit vom Hafen. Die wertvollen Goldstücke aus der Nekropole befinden sich heute jedoch im archäologischen Museum.

In den rund zwölf Jahren nach der Entdeckung des Goldschatzes wurden 265 Gräber mit verschiedenen Grabbeigaben freigelegt. Die wissenschaftlichen Untersuchungen ergaben, dass die Goldgegenstände aus der zweiten Hälfte der Kupferzeit, etwa aus den Jahren 4600 bis 4200 v. Chr., stammen. In fast allen Gräbern wurden menschliche Knochen und Gegenstände aus Gold, Kupfer, Feuerstein, Ton u.a. entdeckt. Den größten Teil der Funde bildeten die Goldgegenstände – insgesamt mehr als 3000 Stück mit einem Gesamtgewicht von mehr als 6000 Gramm reines 23.5 Karat Gold. Auch in jener Zeit war das Gold ein Ausdruck des Reichtums, der sich in vielfältigen Schmucksachen und Symbolen niederschlägt. Fast allen Gegenstände haben eine geometrische Form: Kreis, Halbkugel, Spirale, Zylinder, sie sind gut poliert und kaum verziert. Man kann mit ziemlich großer Sicherheit behaupten, dass es sich dabei um eine Meisterleistung aus reinem Gold handelt.

© Foto: www.retrobulgaria.com

Der Stadtstrand

Eine weitere Sehenswürdigkeit von Warna sind die römischen Thermen. Sie sind sehr gut erhalten, obwohl sie schon im 2. Jh. erbaut wurden. Die Thermen erstrecken sich über eine Fläche von 7000 Quadratmetern und sind damit die größte dieser Anlagen auf der gesamten Balkanhalbinsel.
Die Halle des Bades war damals über 18 Meter hoch und enthielt mehrere Säle, die von Kuppeln überdacht wurden. Marmor war einer der vorherrschenden Baustoffe und an diesem Bauwerk lässt sich erahnen, welchen Stellenwert Warna hatte. Direkt neben der Römischen Therme befindet sich die jüngere byzantinische Therme, die ebenfalls einen Besuch wert ist.

Die Stadt ist nicht nur ein wichtiger Hafen- und Industriestandort in Bulgarien, sondern auch ein kulturelles Zentrum und Marktplatz. Aber vor allem zeichnet sie sich durch den feinsandigen Strand und den daran angrenzenden Meeresgarten aus.
Zu den bedeutenden Sehenswürdigkeiten gehören neben den Ruinen der Römischen Thermen auch die Kathedrale. Daneben gibt es verschiedene Museen und architektonische Kleinode. Nicht versäumen sollte man den Besuch einer Aufführung im Delfinarium.

© Foto: www.retrobulgaria.com


Seit vielen Jahren ist Warna auch eine Hauptstadt der Künste in Bulgarien. Seit 1926 finden hier die Musiktage statt, heute besser bekannt als das Festival Warnaer Sommer. In der Altstadt finden sich zahlreiche Kunstgalerien, Ausstellungshäuser und viele Museen mit interessanten und Sammlungen. Und in den umliegenden Cafes kann man wunderbar entspannen. Warna ist eine Stadt mit Flair und zieht immer mehr Menschen in ihren Bann. Wann immer man sich für einen Abstecher nach Warna entscheidet – die Schwarzmeermetropole verzaubert alle Besucher.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Petra Talewa


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