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Interessantes aus der Geschichte des bulgarischen Joghurts

Foto: BGNES
Über den bulgarischen Joghurt, der Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinen einzigartigen Eigenschaften für Aufsehen sorgte, erzählt man sich Legenden. Um seine Geschichte gibt es viele interessante Fakten.

In den Sprachen Westeuropas taucht vor einem Jahrhundert das Wort "Joghurt" auf, genauer gesagt "bulgarischer Joghurt". Seine Popularität verdankt das außergewöhnliche Nahrungsmittel einem jungen bulgarischen Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Bakteriologie an der Genfer Universität, der 1905 den "Schuldigen" für die Entstehung von Joghurt aus Milch entdeckte. Das Bakterium wird namentlich aus hausgemachtem bulgarischem Schafsjoghurt isoliert. Übrigens wird in der wissenschaftlichen Veröffentlichung des künftigen Professors Stamen Grigorow in der Schweizer französischsprachigen Zeitschrift "Revue medicale de la Suisse Romande" nicht das später gebräuchliche Wort "Joghurt" verwendet, sondern "fermentierte bulgarische Frischmilch".

Die Entdeckung des Bulgaren Stamen Grigorow beeindruckt besonders den russischen Wissenschaftler und künftigen Nobelpreisträger Ilja Mechnikow, der zu jener Zeit stellvertretender Direktor des Pasteur-Instituts in Paris ist und sich dem Thema der Langlebigkeit widmet. Er ist der Ansicht, dass der Tod nichts anderes ist als eine Krankheit, die wie alle anderen auch geheilt werden kann und kommt zu dem Schluss, dass der Hauptgrund für den Verfall des Körpers die Fäulnisprozesse im Magen des Menschen sind, die diesen langsam aber sicher "vergiften". Das neuentdeckte Bakterium analysierend, das in der Folgezeit den Namen "bacillus bulgaricus" erhält, konstatiert Mechnikow, dass namentlich dieses Bakterium in der Lage ist, die fäulniserregenden Mikroorganismen im Darm zu vernichten und so den Körper zu stärken. Die Bestätigung für seine Theorie über den Einfluss des Joghurts auf die Langlebigkeit, im konkreten Fall des bulgarischen Joghurts, findet er in Statistikdaten über die Langlebigkeit in verschiedenen Staaten. Zu jener Zeit wird diese Rangliste namentlich von Bulgarien angeführt, wo der Joghurt seit Urzeiten zu den Grundnahrungsmitteln zählt.

Die Entdeckung löst gleichzeitig einen langwierigen Disput aus, ob der Joghurt von den Bulgaren erfunden wurde oder einfach nur eine heilkräftige Abart dieses Produkts ist. Zu diesem Thema gibt es verschiedene Theorien. Eine geht davon aus, dass das Turkvolk der Urbulgaren, das aus Asien nach Europa kam, als erstes fermentierte Stutenmilch getrunken habe. Als die Bulgaren in der Folgezeit dann ansässig wurden, begannen sie zudem fermentierte Schafsmilch zu konsumieren, aus der sie dickflüssigen Joghurt herstellten. Eine interessante Tatsache ist, dass in der Region Sincan im Nordwesten Chinas bis heute ein ähnliches Wort gebräuchlich ist. Auch über die Entstehung des Wortes "Joghurt" gibt es zahlreiche historische Hypothesen. Eine geht beispielsweise davon aus, dass der Verzehr von Joghurt im riesigen Osmanischen Reich namentlich auf die Bulgaren zurückgeht.

1345 wurden die Bulgaren in Thrakien von den türkischen Seldschuken überfallen, die danach riesige Schafherden und viele bulgarische Gefangene mit sich nach Kleinasien führten. Diese türkischen Einfälle dauerten weitere 50 Jahre an. Aus der Schafsmilch bereiteten die bulgarischen Gefangenen unterwegs nach Kleinasien Joghurt zu, der ihre einzige Nahrung war. Bis zu jener Zeit sei der Joghurt unter den Türken in Kleinasien als Nahrungsmittel unbekannt gewesen, was durch die Tatsache untermauert werde, dass der Joghurt in deren Geschichte mit keinem Wort erwähnt wird, behauptet Dr. K. Popdimitrow. Den Joghurtverzehr hätten sie namentlich von den bulgarischen Gefangenen übernommen. Sie nannten den Joghurt "Yaurt". Dieses Wort habe nichts mit "Milch" oder "Nahrung" gemein und sei vermutlich vom Wort "Gjaur" für Ungläubige abgeleitet, wie die Türken die bulgarischen Sklaven nannten, meint der Wissenschaftler. Historiker behaupten, dass die Milchläden in Konstantinopel von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Balkankrieg (1912-13) ausschließlich in der Hand von Bulgaren waren. Namentlich diesen Bulgaren, die den Joghurt ursprünglich nur für die bulgarische Gemeinschaft herstellten, sei die allmähliche Verbreitung des Joghurtverzehrs auch unter der türkische Bevölkerung zu verdanken.

Aus dem Osmanischen Reich tritt der Joghurt, vermutlich der bulgarische Joghurt, seinen Siegeszug in Westeuropa an und zwar als Arzneimittel. Franz I. (1515-1547), der erste französische König der Renaissance, litt an einem unheilbaren Magenleiden. Sein damaliger Verbündeter, der osmanische Sultan Suleiman der Prächtige, schickte ihm einen Arzt, der mit einer 40-köpfigen Schafherde in Frankreich eintraf. In kurzer Zeit kam der Verzehr dieses Elixiers am französischen Hof groß in Mode. Der osmanische Arzt jedoch behielt das Geheimnis um die Joghurtherstellung für sich, welches die Hofärzte ergebnislos zu lüften versuchten. Hinzu kam der Umstand, dass ihnen dafür nicht viel Zeit blieb, da die Schafe den kalten französischen Winter nicht überlebten. In der Folgezeit geriet der Joghurt wieder in Vergessenheit.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Joghurt in Frankreich als auch in den meisten westeuropäischen Staaten lediglich in Apotheken verkauft - in kleinen Dosen als Arznei für Magenprobleme. Interessant ist, dass namentlich unternehmungslustige Einwanderer aus dem Balkan und der Ukraine den Joghurtverzehr unter der französischen Bevölkerung verbreiteten. Einer dieser Pioniere ist Peter Gorgatschew, der heute in Paris lebt. Zunächst habe der Joghurt keinen Anklang gefunden, da die Leute das Gefühl hatten, dass es sich hierbei einfach nur um verdorbene Milch handelt, für die ihnen ihr Geld zu schade war, erinnert sich seine Gattin Elena Gorgatschewa. In der Folgezeit eroberten jedoch die guten Verdauungs- und Geschmackseigenschaften allmählich den Markt. Mitte des 20. Jahrhundert wird der Joghurt in den französischen Kindergärten und Schulen zu einem untrennbaren Bestandteil des Speiseplans. Und so wird die industrielle Joghurtherstellung in Frankreich geboren. Heute zählt das Land zu den größten Joghurt-Herstellern. Allerdings hat der heute in Frankreich hergestellte Joghurt nichts mehr mit dem bulgarischen Joghurt und seinen spezifischen Milchsäurebakterien zu tun. Wenn Sie sich selbst davon überzeugen wollen, stellen Sie einfach einen Joghurtbecher in den Kühlschrank. Sie werden sehen, dass der Joghurt drei Monate später immer noch für den Verzehr geeignet ist, was mit bulgarischen Milchsäurebakterien mit Sicherheit nicht der Fall wäre.

Vor zwei Jahren wurde dem Entdecker des Milchsäurebakteriums Prof. Stamen Grigorow in Bulgarien ein Denkmal gesetzt. Der geniale Wissenschaftler, dem wir auch den ersten Impfstoff gegen Tuberkulose verdanken, ist ein ausgesprochen bescheidener und patriotischer Mensch, der nach seiner Entdeckung viele lukrativen Angebote ausschlägt. Sein Professor in Genf, Leon Massol, bietet ihm die Leitung des Lehrstuhls für Bakteriologie an. Kurze Zeit später erhält er das Angebot, eine Filiale des Pasteur-Instituts in Brasilien zu leiten. Der 27-jährige Bulgare zieht es jedoch vor, in seine Heimat Bulgarien zurückzukehren, wo er in seiner Heimatstadt Tran ein kleines Krankenhaus leitet, das heute seinen Namen trägt. Als Militärarzt nimmt Stamen Grigorow am Zweiten Balkan- und Ersten Weltkrieg teil. Für seine Verdienste erhält er den Tapferkeitsorden und die goldene Rote-Kreuz-Medaille. In den 1930-er Jahren folgt er einer Einladung nach Mailand, wo er seinen Tuberkuloseimpfstoff erfolgreich in Italiens Sanatorien einführt. Als Prof. Grigorow 1945 im Alter von 67 Jahren stirbt, verbreiten alle europäischen Rundfunkstationen die traurige Nachricht vom Ableben des großen Wissenschaftlers.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Maria Dimitrowa-Pichot


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