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Neuwahlen 2014 nicht ausgeschlossen

Foto: Archiv

2013 war für Bulgariens Politik sehr dynamisch. Die politische Elite des Landes degradierte weiter in den Augen der Bürger. Und auch die Kultur des parteipolitischen Umgangs miteinander lässt nach wie vor viel zu wünschen übrig. Zu diesem Schluss kam das Institut für politische und rechtstaatliche Forschung in einer Untersuchung. Angesichts dessen schließt Institutsleiter Prof. Georgi Karasimeonow vorgezogene Parlamentswahlen 2014 nicht aus.

„Die Zivilgesellschaft ist wachgerüttelt worden“, sagt Prof. Karasimeonow. „Die Sommerproteste haben gezeigt, dass die Politiker unter die Lupe genommen werden. Die Gesellschaft fordert mehr Transparenz und verurteilt die Seilschaften zwischen Politik und Wirtschaft. Für Bulgarien ist diese Entwicklung neu“, behauptet der Politologe.

Die Zivilgesellschaft in Bulgarien wird nicht mehr passiv beobachten, was im Land passiert, ist er überzeugt. Die Skandale um den Nationalisten Wolen Siderow, dessen parlamentarische Ataka-Partei die sozialliberale Regierung stützt, könnten ihm zufolge über kurz oder lang zu Neuwahlen führen. Auf der Tagesordnung stehen jedoch zunächst die Europawahlen im Mai.

„Die Europawahlen werden eine entscheidende Rolle für die weitere politische Entwicklung in Bulgarien spielen“, sagt Prof. Georgi Karasimeonow. „Die Europawahl wird ein wichtiger Test für die Parteien in Bulgarien in einer sehr delikaten Situation im Parlament sein, wenn die Regierungskoalition über keine Mehrheit verfügt. Hinzu kommt, dass sich 2013 gleich zwei neue Parteien gegründet haben, die für die Europawahl am 25. mai zum ersten Mal in den Wahlkampf ziehen werden. Angesichts dessen wird vom Ergebnis der Europawahlen abhängen, ob Bulgarien noch in diesem Jahr ein neues nationales Parlament wählen wird oder nicht. Bei einem eventuellen Erfolg der Regierungsparteien, d.h. der Sozialisten und der Türkenpartei DPS, werden sie durchaus das Risiko der Neuwahlen eingehen, um zu versuchen, die Unterstützung der nationalistischen Ataka abzuschütteln“, meint Karasimeonow.

2013 geht in die jüngste politische Geschichte Bulgariens mit zwei markanten Rücktritten ein. Achmed Dogan, der Gründer und langjähriger Vorsitzender des Juniorpartners in der heutigen Regierung, zog sich von der aktiven Politik zurück und ist heute nur noch Ehrenvorsitzender der DPS. Und auch der ehemalige Ministerpräsident und emblematischer Vorsitzender der demokratischen UDK, Iwan Kostow, übergab die Parteiführung der jüngeren Generation.

Können diese Rücktritte als ein Übergang in der Politikerklasse Bulgariens bezeichnet werden?

„25 Jahre nach der demokratischen Wende in Bulgarien ist es nur zu normal, dass sich die Politiker der Wende zurückziehen“, kommentiert Prof. Georgi Karasimeonow. „Der Einfluss dieser zwei Politiker, die die Nachwendezeit in Bulgarien geprägt haben, wird allerdings nicht von heute auf morgen abnehmen. In einer so zentral geführten Partei, wie es die DPS ist, spielt Parteigründer Dogan nach wie vor eine Schlüsselrolle. Er hat nach wie vor das Sagen bei wichtigen Entscheidungen. Und nach dem Rücktritt von Iwan Kostow machen sich neue und junge Politiker in den Reihen der Konservativen den Weg frei. Der Reformblock als eine Art Nachfolger der demokratischen Union UDK wird durch teilweise ganz neuen Politiker vertreten“, betont der Politikwissenschaftler.

Die weitere politische Entwicklung Bulgariens im neuen Jahr wird stark von den Europawahlen abhängen. Eventuelle vorgezogene Parlamentswahlen in Bulgarien, die Prof. Karasimeonow nicht ausschließt, würden das Land wieder in eine instabile Situation bringen. Der Wahlkampf selbst für die Europawahlen wird auf verbissene Konfrontation aus sein, was auch für eventuelle Neuwahlen gelten wird.

Worauf sollten wir uns angesichts dieser Erwartungen in der Außenpolitik gefasst machen, zumal manche Nachbarländer Bulgariens territoriale Ansprüche laut werden ließen?

„Das dürfte uns nicht weiter beunruhigen, da Bulgarien Mitglied der Europäischen Union und der NATO ist“, sagt der Politologe Prof. Karasimeonow. „Solche Ansprüche haben oftmals einen innenpolitischen Hintergrund. Sowohl in der Türkei, als auch in Rumänien brodelt es. Außerdem kommt es immer wieder vor, dass die Nationalisten laut werden, was angesichts der Europawahlen in diesem Jahr nicht weiter verwunderlich ist. Daher meine ich, Bulgarien sollte mit Vernunft und Gelassenheit auf solche Äußerungen reagieren. Bulgarien muss EU- und NATO-Mitglied weiterhin ein Stabilitätsfaktor auf dem Balkan bleiben“, sagte abschließend Prof. Georgi Karasimeonow.

Redaktion: Vessela Vladkova



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