Am 30. Januar 1894 kam im Fürstenschloss zu Sofia Boris von Sachsen, Coburg und Gotha zur Welt, Sohn des bulgarischen Herrschers Ferdinand I. Als sein Nachfolger auf dem bulgarischen Thron wurde er sowohl von einem katholischen, als auch von einem orthodoxen Geistlichen getauft – seine Taufpaten wurden der russische Imperator Nikolaus II. und Papst Leo XIII. Obwohl er ein Spross des Hauses Sachsen, Coburg und Gotha war, sollte auch seine enge Verbindung mit der bulgarischen Geschichte bezeugt werden, so dass er bei seiner Geburt den Titel „Fürst von Tarnowo“ erhielt. Tarnowo ist die mittelalterliche bulgarische Reichshauptstadt, in der sein Vater am 22. September 1908 die Unabhängigkeit Bulgariens proklamiertre und den alten bulgarischen Zaren-Titel annahm. Er regierte aber nicht lange das Land, denn nach dem verlorenen Zweiten Balkankrieg 1913 und der Niederlage im Ersten Weltkrieg dankte Ferdinand I. von Bulgarien 1918 zugunsten seines Sohnes Boris ab. Als Boris III. bestieg der damals 24jährige den Thron, „gerade in einer der schwersten Zeiten in der bulgarischen Geschichte“, erzählt der Geschichtswissenschaftler Prof. Georgi Markow.
„Zar Boris III. bestieg den Thron nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg, als die Siegermächte Bulgarien in die Enge trieben“, fährt Prof. Markow fort. „In der bulgarischen Armee kam es zu einem Aufbegehren und Bulgarien stand unmittelbar vor der nächsten nationalen Katastrophe. Nicht zufällig hat Stefan Gruew sein Buch über das Leben und Werk von Boris „Dornenkrone“ genannt. Gerade eine solche Krone wurde ihm am 4. Oktober 1918 aufs Haupt gesetzt. Der Anfang war ausgesprochen schwer. Zu jener Zeit regierte die Agrarierunion unter Alexander Stambolijski, der eine ausgesprochen negative Einstellung zur Monarchie hatte. Das Staatsruder befand sich vollends in den Händen der Exekutive. Über die Periode bis zum Militärputsch am 9. Juni 1923 sagte Boris, dass er zwar „herrsche, aber nicht leite“. Viele der Beschlüsse der Regierung wurden ohne die Befürwortung des Zaren gefasst. Es war eine Zeit, in der heftige Spannungen zwischen der regierenden Agrarierunion und den Oppositionsparteien bestanden. Der junge Herrscher kam aber gut damit zurecht, da er einen ausgesprochen guten Leitungssinn besaß. Im Unterschied zu seinem Vater Ferdinand, zeigte sich Boris als ein Mann der Kompromisse – sowohl in der Innen-, als auch in der Außenpolitik.“
Auch nach dem Militärputsch von 1923 blieb die Figur des bulgarischen Monarchen für ein weiteres Jahrzehnt im Schatten. Ein weiterer Putsch im Jahre 1934 spielte dem politischen Kreis „Sweno“ die Macht in die Hände. Die politischen Parteien wurden verboten und den Zaren wurde die Rolle einer Marionette zugewiesen. Doch nach dem Gegenstreich im Jahr darauf konnte Boris III. seiner Rolle als Landesherrscher voll auf gerecht werden. Ministerpräsident wurde Georgi Kjosseiwanow, der ein überaus erfahrener Diplomat war. Er führte mit Billigung des Zaren ein einzigartiges politisches System ein – ein Parlament ohne Parteien, die sich auch nicht an der Leitung der einzelnen Gemeinden beteiligten. 1937 fanden dann Kommunalwahlen statt, bei denen zum ersten Mal in Bulgarien auch Frauen stimmberechtigt waren. Es folgten Parlamentswahlen. Die neue Volksversammlung bestand aus 160 direkt gewählten Abgeordneten, die wegen der Parteiverbots keine Fraktionen bildeten. 93 Abgeordnete waren Anhänger der Regierung, während die verbleibenden 67 die Rolle der Opposition übernahmen. Dank dieser Lösung wurden blutige Zusammenstöße in Folge sozialer Spannungen und politischer Kontroversen vermieden, wie sie sich in anderen europäischen Ländern ereigneten. Es darf nicht vergessen werden, dass sich in jenen Jahren in ganz Europa eine breite Volksfrontbewegung ausbreitete, die in Spanien beispielsweise einen Bürgerkrieg verursachte. In Bulgarien konnte hingegen die Wirtschaft angekurbelt werden. Das speziell verabschiedete Industrie-Gesetz stellte die Industrie unter staatliche Kontrolle. Die Nationalbank, in der der Staat der Hauptaktionär war, kontrollierte ihrerseits den Banksektor. Und so erreichte 1939 das Wirtschaftswachstum fast sieben Prozent und gehörte damit zu den höchsten ganz Europas. Bulgarien befand sich im Aufschwung.
Was die Außenpolitik anbelangt, prägte Zar Boris III. die salomonisch anmutende Maxime „Immer mit Deutschland, nie gegen Russland“. Auf den ersten Blick scheint das unvereinbar zu sein, das Wirken des Monarchen belegt jedoch das Gegenteil – er schafft es, Bulgarien gekonnt an den Kontroversen der Großmächte vorbei zu manövrieren. Mit der Unterstützung Deutschlands und Sowjetrussland wurde am 7. September 1940 sogar der sogenannte „Vertrag von Crajova“ unterzeichnet. Damit wurde zumindest die Süddobrudscha, die Bulgarien nach dem Ersten Weltkrieg eingebüßt hatte, wieder dem Land angegliedert – ein friedlicher Gebietszuwachs und das in Kriegszeiten! Das brachte Boris III. den Beinahmen „der Vereiniger“ ein. Bulgarien konnte noch eine zeitlang seine Neutralität wahren, wurde aber angesichts der anmarschierten deutschen Truppen gezwungen, dem Dreimächtepakt beizutreten. Das geschah am 1. März 1941. Dennoch schaffte Boris III. auch hier seine Politik durchzusetzen – Bulgarien brauchte keine Truppen an die Ostfront zu entsenden.
„Diesen Verdienst müssen wir ihm zugestehen“, erzählt weiter der Geschichtsprofessor Georgi Markow. „Obwohl Bulgarien nunmehr ein Verbündeter Deutschlands war und dem Dreimächtepakt angehörte, riss es seine diplomatischen Beziehungen zu Sowjetrussland nicht ab und beteiligte sich auch nicht am Krieg gegen dieses Land. Ribbentrop forderte von Bulgarien, es solle dem Beispiel Frankreichs, Norwegens und Flanderns folgen und ein Freiwilligenkorps entsenden. Aber auch dem widersetzte sich Boris III. Er machte Hitler begreiflich, dass die Bulgaren aus geschichtlichen Gründen russenfreundlich gestimmt seien, was einen Einsatz an der Ostfront unmöglich mache. Hitler habe ihm daraufhin vorgeschlagen, bulgarische Truppen nach Nordafrika zu entsenden, doch auch das geschah nicht.“
Boris III. war einem ausgesprochen hohen Druck ausgesetzt, der ihm schließlich sein Ende breitete. Nach einem ausgesprochen schweren Treffen mit Hitler, erlitt der bulgarische Monarch nach seiner Rückkehr eine Herzattacke, der er schließlich im Alter von 49 Jahren erlag. Über die genaue Todesursache wurde bereits unmittelbar nach seinem Ableben gemunkelt und selbst bis heute herrscht keine Klarheit darüber. Die komplizierte politische Lage sorgte für das Aufkommen von verschiedensten Gerüchten. Nichtsdestotrotz wurde ihm ein grandioses Begräbnis zuteil, denn er war ein überaus geachteter und beliebter Herrscher.
Anlässlich seines 120. Jubiläums wurde in der Sofioter Galerie des Bulgarischen Künstlerverbandes eine Ausstellung eröffnet. Unter dem Motto „Bulgarien in Glanz und Gloria – Herrscher und Schlösser des Dritten Bulgarenreiches“ wird dem breiten Publikum u.a. seltenes Archivmaterial vorgestellt, das aus dem Nachlass Boris III. und verschiedenen bulgarischen Museen stammt.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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