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Sind die bulgarischen Parteien für mehr Frauen in der Politik gewappnet?

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Maria Gabriel
Foto: BGNES

Ein Grundrecht der Frauen ist das Recht auf politische Mitbestimmung. Und obwohl die Hälfte der Weltbevölkerung Frauen sind, bringen sich nur wenige von ihnen aktiv in die Politik ein. Frauen in Führungspositionen sind eher die Ausnahme. Das gilt auch für Europa, entsprechend für Bulgarien. Zur Überwindung der faktischen Ungleichstellung der Geschlechter, hat das Europäische Parlament für Führungsposten bis 2015 eine Frauenquote von 30% sowie bis 2020 von 40% empfohlen. Ein Gradmesser dafür wird die im Mai anstehende Europawahl sein. Sind die bulgarischen Parteien für mehr Frauen in den Kandidatenlisten gewappnet? Ein Umfrage von Radio Bulgarien unter unseren weiblichen Abgeordneten in der bulgarischen Volksversammlung und im Europäischen Parlament hat ergeben, dass Bulgarien auf europäischer Ebene zu den führenden Ländern zählt, auf Landesebene jedoch noch enormen Aufholbedarf hat. "GERB ist eine demokratische Partei und hat klare Verfahren für die Entscheidungsfindung, einschließlich für die personelle Zusammensetzung der Europawahlliste", erklärte die bulgarische Europaabgeordnete aus den Reihen der GERB-Partei sowie der EVP-Fraktion Maria Gabriel, die als Europäerin des Jahres 2013 ausgezeichnet wurde.

"Diese Praxis der GERB-Partei könnte Schule machen. Sie ist ein gutes Beispiel für die Gleichstellung der Geschlechter in den Europawahllisten", so die Europaabgeordnete Maria Gabriel. "Auf Landesebene geht es nicht nur um die gleiche Anzahl von Männern und Frauen sondern vor allem um Kandidaten mit starken Persönlichkeiten, einem makellosen Lebenslauf und ausgezeichneten Empfehlungen. Daraus resultiert auch die unterschiedliche Frauenpräsenz auf Landesebene, wo die Frauen scheinbar mehr Selbstbewusstsein und Vertrauen brauchen, um nach vorn zu marschieren und Verantwortung zu übernehmen. Das spiegelt sich natürlich auch bei der Aufstellung der Kandidaten wider. Je mehr weibliche Experten mit Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten in den Vordergrund treten desto verschiedender sind die Wahllisten. Vielleicht braucht es dafür etwas Zeit. Auch in der Europäischen Volkspartei haben wir da noch Aufholbedarf. Mit Sicherheit liegen wir in dieser Hinsicht hinter der führenden Fraktion der Grünen noch weit zurück. Mit 30-35% Frauen liegen wir im Mittelfeld, womit wir jedoch nicht zufrieden sind. Für mich persönlich ist nicht die Anzahl der Frauen entscheidend sondern die Zahl der Frauen in Führungspositionen, dort, wo die Entscheidungen getroffen werden. In dieser Beziehung ist die Europäische Volkspartei den Frauen in Europa noch etwas schuldig. Lediglich zwei der zehn stellvertretenden Parteichefs der Europäischen Volkspartei sind Frauen. Das gibt uns wiederum die Möglichkeit, die Geschlechtergleichheit sowie die Zahl der Frauen in Führungsposten für die nächsten fünf Jahre zur Priorität zu machen. Ich bin sehr froh, dass unsere aktive Arbeit im Frauenrechtsausschuss des Europäischen Parlaments sowie meine enorme Verantwortung als Sprecher und Koordinator der Europäischen Volkspartei dazu beigetragen haben, dass diese Priorität weiter an der Tagesordnung bleibt. Das Programm soll auf dem bevorstehenden Parteikongress der Europäischen Volkspartei in Dublin verabschiedet werden. Die Botschaft an sich ist sehr positiv. Das ist sowohl ein bulgarischer- als auch ein Beitrag aller Frauen in der Europäischen Volkspartei."

Die Hälfte der bulgarischen Europaabgeordneten aus den Reihen der Bulgarischen Sozialistischen Partei sind Frauen, verweist die Volksvertreterin Mariana Bojadschiewa: "Wir haben dafür gekämpft, dass in unsere Satzung eine Frauenquote von mindestens 40% aufgenommen wird", erläutert Mariana Bojadschiewa. "In unserer 182-köpfigen Parteispitze gibt es 55 Frauen, d.h. etwas mehr als 30%. Selbstverständlich haben wir Probleme und Schwierigkeiten. Dennoch haben wir uns für Wahlkampagnen stark gemacht, die die Umsetzung dieser Vorgaben in die Praxis stärken. Gegenwärtig stellen wir die Listen für die Europawahl auf. Von den bisher aufgestellten 101 Kandidaten der Sozialisten sind 27 Frauen. Wichtiger ist jedoch, dass die meisten mehrfach vorgeschlagen wurden. Endgültig darüber entschieden wird auf dem Parteitag der Sozialisten am 8. Februar. Ebenfalls sehr wichtig für uns sind Frauen aus unseren Reihen in Führungspositionen europäischer Organisationen. Denitza Zlatewa beispielsweise wurde 2009 als Vorstandsmitglied der SPE-Frauen gewählt und dann von Marusia Ljubtschewa abgelöst. Denitza wurde zur Vizepräsidentin der Sozialistischen Internationale (Frauen) gewählt, was sehr hohe Posten für Bulgarinnen sind. Für alle Frauen bei uns ist jedoch die Wahl der Bulgarin Irina Bokowa als UNESCO-Generaldirektorin eine ganz besondere Ehre, die unser Streben nach noch besserer Frauenpräsenz bestärkt."

Wie ist es bei den Liberalen in Bulgarien und in der Europäischen Union um die Frauenquote bestellt? Hören wir dazu die Vertreterinnen aus der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten im Europäischen Parlament Filiz Hüsmenowa von der Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS) und Antonia Parwanowa, Parteichefin der Nationalen Bewegung für Stabilität und Aufschwung (NDSW).

Снимка"Bei der Allianz der Liberalen und Demokraten in Europa gibt es sowohl in der Parteiführung als auch in der Parlamentsfraktion ausreichend Frauen", verweist Filiz Hüsmenowa. "Ich hoffe, dass die Frauen in der Amtszeit 2014-2020 noch stärker vertreten sein werden. Die Bewegung für Rechte und Freiheiten wird ihre Kandidaten für die Europawahl aufstellen. In allen Gemeinden des Landes gibt es bereits vielen Frauenvereine. Es gibt sehr viele Frauen mit attraktiven Berufen, die sich erfolgreich verwirklichen. Ich erwarte, dass auch vielversprechende weibliche Kandidaten aufgestellt werden. Und ich hoffe, dass beide Geschlechter gleichstark vertreten sein werden."

Снимка"ALDE ist Initiator der Idee, mehr Frauen in die europäischen Institutionen zu bringen, und zwar nicht nur ins Europäische Parlament sondern auch in Führungspositionen in den Gemeinschaftsstrukturen und in den politischen Fraktionen", vermerkt Antonia Parwanowa. "ALDE ist zudem Initiator für mehr Frauen in der Europäischen Kommission, für einen weiblichen Bürgerbeauftragten, für mehr Frauenpräsenz im Vorstand der Europäischen Zentralbank, in der Führungsetage der europäischen Agenturen. D.h. ich habe das Selbstvertrauen, einer Fraktion anzugehören, die sich von dieser Politik leiten lässt. Was die  Kontinuität betrifft, mit der sich die Partei auf jeder Führungsebene weiterentwickelt, als auch die politische Mitbestimmung der Frauen, ist ALDE ein Beispiel für den Rest."

Übersetzung: Christine Christov



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