Die Stadt Stara Sagora in Mittelbulgarien wird ihre antike Geschichte auf Hochglanz bringen. Mit rund zwei Millionen Euro aus dem EU-Programm für Regionalentwicklung sollen die architektonischen Überreste aus römischer Zeit in neuem Glanz erstrahlen. Wie etliche bulgarische Städte befinden sich nämlich auch in Stara Sagora wertvolle Zeugnisse antiker Stadtkultur.
Schauen wir ein wenig zurück: Die römische Bautätigkeit, nicht nur auf römischem Kernland, sondern auch in den Provinzen, steht mit dem Namen des Kaisers Marcus Ulpius Traianus in enger Verbindung. Er selbst wurde 53 u.Z. in einer römischen Provinz in Spanien geboren und 45jährig zum Kaiser ernannt. Der wirtschaftliche Aufschwung im römischen Reich drückte sich insbesondere in einer nie dagewesenen Bauwut aus. Viele ältere Städte und römische Militärlager mit ihren dörflichen Ansiedlungen erhielten das Municipalrecht mit Selbstverwaltung. Darunter auf heute bulgarischem Boden: Serdica (heute die Hauptstadt Sofia), Philippopel (das ist Plowdiw), Pautalia (heute Kjustendil) und Beroe (heute Stara Sagora im Süden Bulgariens), das in Augusta Traiana umbenannt wurde. Trajan wurde bereits zu Lebzeiten als guter Kaiser eingeschätzt und erhielt den Titel „Optimus Princeps“ (zu deutsch: der beste Kaiser). Allerdings war ihm auch die Eitelkeit nicht fremd und so wurden viele Städte nach ihm benannt oder erhielten einen entsprechenden Vorsatz, wie z.B. Serdica, das dann eben Ulpia Serdica hieß.
Wenden wir uns nun Stara Sagora, dem antiken Augusta Traiana zu. Bevor die Römer die Stadt ausbauten und sie in eine der größten und reichsten Provinzstädte Thrakiens verwandelten, war sie von Thrakern besiedelt. Das Gebiet war schon seit der frühen Bronzezeit bewohnt, denn in der Nahe befanden sich die ersten Kupfergruben auf heute bulgarischem Territorium. Gefördert wurde auch Zinn und in geringerem Umfang auch Gold und Silber. Aus der thrakischen Periode der Stadt sind jedoch keinerlei architektonischen Reste entdeckt worden. Interessant ist jedoch die Tatsache, dass die römische Wehrmauer der Stadt in ihrer Planung recht unregelmäßig ist, was an und für sich der römischen Städteplanung widerspricht. Lediglich bei älteren und bedeutenden Siedlungen, die bereits architektonische Werte aufzuweisen hatten, folgte die neue Befestigungsmauer der älteren. Dies muss auch bei Augusta Traiana der Fall gewesen sein.
Es gibt weitere Tatsachen, die dafür sprechen, dass die Stadt eine vorrangige Stellung unter den Provinzstädten einnahm. Die Stadt besaß eine Doppelmauer. Ermittelt wurden jeweils drei unterschiedliche Bauperioden. Die innere Mauer ist die ältere, wobei wesentliche Ausbauten in der Regierungszeit des Kaisers Marcus Aurelius und Justinians erfolgt sind. Das Süd- und das Westtor der Festung sind als imposante Ruinen erhalten. Was die Straßen anbelangt, sind sie mit großen Steinplatten ausgelegt und werden von einer Bordsteinkante flankiert. Derartige Straßenanlagen waren nur in wichtigen Zentren üblich. Aus etlichen Schriftquellen ist ersichtlich, dass die Stadt über sehenswerte öffentliche Gebäude verfügt hat, darunter ein sogenanntes Augusteum und ein Theater, dessen Überreste jedoch noch nicht lokalisiert worden sind. Bemerkenswert ist ferner die Zahl der entdeckten Mosaiken, die die Fußboden reicher Häuser und öffentlicher Bauten schmückten. Entdeckt wurden bisher 20 an der Zahl. Damit ist die Stadt Spitzenreiter unter den antiken Städten im heutigen Bulgarien.
Unmittelbar über den Ruinen von Augusta Traiana befindet sich die heutige Stadt Stara Sagora. Auf interessante Funde stieß man bei Grabungen nahe dem heutigen Gebäude der Gebietsverwaltung. Entdeckt wurden die Thermen der Stadt. Den Bädern schloss sich ein Amphitheater ähnliches Gebäude mit noch ungeklärter Bestimmung an. Dieser Gebäudekomplex befand sich nördlich des Forums der Stadt. Der Hauptplatz selbst lag unmittelbar neben dem Westtor. Den Platz zierte wohl u.a. eine Reiterstatue, von der lediglich nur das Postament erhalten geblieben ist. Die ausgegrabene Anlage ist ihrer Art nach die bisher einzige in den römischen Provinzen Mösien und Thrakien.
Erhalten geblieben ist ferner eine Apollostatue, die heute im hauptstädtischen Nationalmuseum für Archäologie zu bewundern ist. Eine erste Blüte erlebte die Stadt im 2. Jahrhundert. Ein Jahrhundert später wurde sie von den Goten stark in Mitleidenschaft gezogen, blühte jedoch unter der Herrschaft des Kaisers Konstantin des Großen erneut auf. Erst Mitte des 5. Jahrhundert wurde sie von den eindringenden Hunnen zerstört. Danach blieb der Ort mehrere Jahrhunderte lang unbewohnt, als dann im Frühmittelalter eine neue Stadt von den Bulgaren angelegt wurde. Die neue Stadtanlage folgte jedoch nicht mehr der antiken und bis heute hat Stara Sagora die Bedeutung der einstigen römischen Stadt nicht erreicht.
Die antiken Überreste, die bereits vor Jahrzehnten ausgegraben wurden, werden nunmehr neu konserviert und für die Besucher der Stadt attraktiver gemacht. Dazu gehört eine bessere Einbeziehung in das Kulturleben des heutigen Stara Sagora. Zwar besitzt die Stadt seit wenigen Jahren ein wunderschönes neues Museumsgebäude, das auch einen Architekturpreis erhalten hat, doch es soll nun auch all die römische Architektur an Ort und Stelle richtig exponiert werden. Die teilweise rekonstruierten Bauwerke werden eine ansprechende Kulisse für Vorstellungen unter freiem Himmel und andere Veranstaltungen sein. Zudem soll eine gute Ausschilderung die Besucher über die Geschichte informieren.
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