Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Peewski for EU

БНР Новини
Foto: BGNES

Peewski ist wieder in den Schlagzeilen. Sie erinnern sich – der etwas übergewichtige, böse draufschauende Medienmogul, der im Juni Geheimdienstchef werden wollte. Die regierende sozialliberale Koalition war gerade in Amt gewählt worden, da nominierte sie den erst 33jährigen, wenig durchsichtigen Zeitungsverleger für den Posten des obersten Sicherheitschefs im Land. Diese dubiose Personalentscheidung brachte am 14. Juni Tausende auf die Straße. Die Regierungsproteste ebbten erst an den ersten kalten Wintertagen im Dezember ab, um in dieser Woche mit neuer Kraft zu entfachen.

Denn eben dieser Peewski soll nun Europaabgeordnete werden. Nominiert hat ihn seine mitregierende wirtschaftsliberale Türkenpartei DPS. Aus dem monatelang geforderten Systemwechsel mit neuem Wahlsystem, neuen Parteien, tatsächlicher Pressefreiheit, mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz im Schnittbereich von Wirtschaft und Politik wird wohl nix.

Wer ist dieser Deljan Peewski, der die bulgarische Öffentlichkeit so sehr spaltet, werden sich jetzt viele fragen. Kürzlich beschrieb er sich als einen „erfolgreichen jungen Mann“. In der Tat – bereits als 21-Jähriger war er parlamentarischer Sekretär im Transportministerium, das damals von einem milde gesagt fragwürdigen Minister geleitet wurde. Dieser Minister pflegte enge Kontakte zur Drogenmafia. Als parlamentarischer Sekretär des Transportministeriums und Engvertrauter des besagten Ministers bekam Peewski im zarten Alter von 21 Jahren den Posten des Vorstandsmitglieds im Schwarzmeerhafen Warna zugewiesen. Was man so an einem Hafen umschlagen kann, kann sich ja jeder selbst denken.

Unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Stanischew wurde Peewski 2005 stellvertretender Minister im Krisenschutzministerium. Diesen Posten musste der Jungunternehmer allerdings wegen Korruptionsverdachts räumen. Übrigens, Bestechlichkeit wurde nie nachgewiesen. 2009 und 2013 wurde Peewski für seine Türkenpartei DPS ins Parlament gewählt, wobei hier die Erläuterung wichtig ist, dass Peewski bulgarischer Herkunft ist, die Wirtschaftsinteressen der DPS aber wohl sehr treffend schützt und umsetzt. Unter anderem auch im Medienimperium seiner Mutter, wo politische Aufträge und Zensur keine Fremdwörter sind.

Nun wird Peewski wohl seinen Arbeitsplatz in Sofia gegen einen Abgeordnetensitz in Straßburg wechseln. Kein schlechter Deal. Übrigens für alle Beteiligten. Die Regierung wäre ihn los – der Medienmagnat ist spätestens seit Juni 2013 eine tickende Zeitbombe für sie und ihre hauchdünne Mehrheit. Und auch die Türkenpartei wäre glücklich, Peewski im Ausland zu wissen – so säße der unstabile Parteichef Mestan sichrerer im Sattel. Na ja, die bulgarischen Wählerinnen und Wähler wären in ihrer überwiegenden Mehrheit sicherlich sehr unglücklich, durch so einen Oligarchen im Europaparlament vertreten zu sein. Um es zu verhindern, sollten sie lieber wählen gehen, statt zu Hause am Tisch zu meckern und zu jammern. Jeder Vierte wolle nämlich der Wahl fern bleiben. Und ob die EU-Partner Bulgariens mit Peewski in Straßburg glücklich werden, werden wir spätestens beim nächsten hochrangigen Besuch aus Brüssel erfahren.


Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Swetlin Tatschew

Macht auf Zeit wird zum charakteristischen Merkmal der politischen Lage in Bulgarien

Bulgarien steht vor den siebten Parlamentswahlen in drei Jahren. Der Grund dafür ist, dass erneut alle drei Sondierungsmandate, die der Präsident den im Parlament vertretenen Parteien erteilt hat, unerfüllt blieben. Wie es um die..

veröffentlicht am 06.08.24 um 14:37
Olaf Scholz, Maroš Šefčovič

Blickpunkt Balkan

Import von Lithium aus Serbien wird der EU helfen, ihre Abhängigkeit von China zu verringern Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der für Energie zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, weilen in..

veröffentlicht am 19.07.24 um 15:18
Deniza Satschewa, GERB

Reaktionen im Parlament auf den Vorschlag der PP-DB, die Erteilung eines Kabinettsmandats zu verschieben

Die politischen Kräfte im bulgarischen Parlament kommentierten den Vorschlag der Koalition "Wir setzen die Veränderung fort - Demokratisches Bulgarien" (PP-DB) an den Präsidenten Rumen Radew, die Übergabe des zweiten Mandats für die Regierungsbildung..

veröffentlicht am 16.07.24 um 15:47