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Der bulgarische Lew ist eigentlich Euro

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Foto: EPA/BGNES

Einige bulgarische Regierungen haben sich bislang das ehrgeizige Ziel gesetzt, unser Land in die Eurozone zu bringen. Damals war der EU-Binnenmarkt stabil und der Euro - eine starke Währung. Die Krise erschütterte aber das Image der Union und die gemeinsame Währung hat begonnen, an Glanz zu verlieren. Um das Bankensystem zu stabilisieren und aus der Rezession herauszukommen, will die EZB neues Geld drucken, was aber schlecht für die europäische Wirtschaft und für die Absichten unseres Landes sein wird, Mitglied des Euro-Klubs zu werden. Also ist der Euro nun auch nicht mehr das ersehnte Allheilmittel für Bulgarien. Und nicht nur das.

Der bulgarische Lew ist eigentlich Euro, der Kurs ist seit Jahren festgelegt, was an sich bedeutet, dass wir informell schon Teil der Eurozone sind. Natürlich stimmt das auch wiederum nicht ganz, weil wir keinen Zugang zu den Tresoren der EZB sowie zu den niedrigen Kreditzinsen und den Rettungsfonds haben. Dennoch nutzen wir den Euro und genießen sowohl die Vorteile, als auch die Nachteile dieser Währung. Der Anlass, dieses Thema erneut zu behandeln, ist der jüngste Bericht der EZB und der EU-Kommission, der festgestellt hat, dass Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden noch nicht bereit sind, der Eurozone beizutreten und in den nächsten zwei Jahren erneut auf der Wartebank sitzen werden, bis der neue Bericht kommt. Das bulgarische Finanzministerium hat sofort darauf reagiert und erklärte, dass unser Land alle Aufnahmekriterien für die Einführung des Euros erfüllt. Aber auch die Zweifel darüber, ob man doch nicht mehr Nachteile als Vorteile davon haben würde, wurden wieder laut.

Снимка"Der Hauptgrund, der Eurozone beizutreten, ist die Mitgliedschaft in einer stabilen und erfolgreichen Währungsunion", kommentierte der Wirtschaftsexperte Georgi Angelow für Radio Bulgarien. "Man operiert dann mit einer Weltwährung und bekommt niedrigere Kreidzinsen, mehr Vertrauen auf den Märkten, einen leichteren Handel und mehr Touristen, was von Vorteil für das Wirtschaftswachstum ist. All das war nicht so deutlich während der Krise zu spüren, nun aber, als die meisten EU-Staaten sie zu überwinden scheinen, kann man von einer besseren Konjunktur in der Zone sprechen. Da Litauen am besten im neuen Bericht abgeschnitten hat, will ich dazu noch sagen, dass für die baltischen Staaten der Euro auch eine geopolitische Bedeutung hat. Dadurch wollen sie sich möglichst weit in die Union integrieren und dem Einfluss von Russland entziehen."

Wenn wir in die Eurozone kommen, werden wir dann auch neue Kredite für Griechenland, Portugal und andere Problemstaaten mitbezahlen.

"Das ist ein Argument einiger Staaten aus Osteuropa, die die Beseitigung der Folgen der Krise abwarten wollen, bevor sie Mitglieder der Eurozone werden", kommentiert Georgi Angelow weiter. "Sie wollen dadurch eine Beteiligung an der künftigen Finanzierung der griechischen Wirtschaft vermeiden. Denn man kann es nur schlecht den eigenen Bürgern erklären, warum ein so armes Land wie Bulgarien und ein etwas erfolgreicheres wie Polen reichere Länder wie Portugal und Griechenland unterstützen müssen. Das ist das große Problem im Moment."

Es gibt immer mehr Euroskeptiker bei uns. Grund dafür sind die Folgen der Krise und die Auffassung, dass die EU-Bürokratie die Unternehmen nicht fördert, aber auch der schwache Euro.

"Am optimistischsten waren wir 2008 und 2009, noch vor der Krise, als der Euro wie eine Insel der Stabilität erschien", sagte weiter Angelow. "Dann kam es aber anders. Die Krise beeinflusste Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal, Island, Italien u.a. So dass die Staaten außerhalb der Eurozone irgendwie stabiler erschienen. In einigen Jahren, als die Krise entgültig überwunden sein wird, wird der Euro erneut attraktiv sein. Das bedeutet aber, dass die neue Kommission sehr intensiv daran arbeiten muss."

Einige Experten sind der Meinung, das der Währungsboard eigentlich seine Aufgabe bereits erfüllt hat.

"Er hat uns vor der Hyperinflation gerettet", meint der Georgi Angelow. "Wenn man die Kriterien für die Aufnahme in die Eurozone betrachtet, wird man feststellen, dass wir sie erfüllen. Was uns bevorsteht, ist wichtiger. Denn wir müssen außer den konkreten Parameter auch zeigen, dass unsere Institutionen stabil und zuverlässig sind, was in letzter Zeit immer schwieriger wird. Das ist unser Hauptproblem, dessen Lösung wir künftig finden müssen."

Übersetzung: Milkana Dehler



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