In diesem Jahr begeht die Welt den 100. Jahrestag des Ersten Weltkrieges. Bulgarien schloss sich den Kriegshandlungen erst im Oktober 1915 an, nachdem das Land in zwei erbitterten Balkankriegen ausgeblutet war. Angeführt vom innigsten Willen nach einer nationalen Vereinigung aller bulgarischer Gebiete in einem Staat, suchte Bulgarien vor allem Anlehnung an Österreich-Ungarn und Deutschland, denn der bulgarische Fürst war fest entschlossen, das Land in seinen Grenzen aus dem Mittelalter wiederherzustellen.
„Die Wunden aus dem aus heutiger Sicht sinnlosen Zweiten Balkankrieg waren noch frisch“, kommentiert der Historiker prof. Georgi Markow. „Nach einer mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erklärten "strikten Neutralität" setzte sich der bulgarische Fürst Ferdinand durch und Bulgarien schloss sich den Mittelmächten an. Denn nur Deutschland und seine Verbündeten versprachen dem bitter enttäuschten Bulgarien die Wiedergutmachung des aus bulgarischer Sicht ungerechten Friedens von Bukarest und den Anschluss der abgetretenen Gebiete im Nordosten“, sagt Prof. Markow.
„Bulgarien hatte keine andere Wahl, als sich dem Deutschland-Pakt anzuschließen“, kommentiert weiter der angesehene bulgarische Historiker Prof. Georgi Markow. „Die bulgarische Armee feierte Siege bei ihrem Vormarsch in Mazedonien, in der Dobrudscha und nördlich der Donau. Doch, der Ausgang des Ersten Weltkrieges zeigt wieder einmal, wie unweise es war, die nationalen Landansprüche an der Seite der Mittelmächte geltend zu machen“, sagt Prof. Markow.
Der heutige bulgarische Verteidigungsminister Angel Najdenow erinnert an eine historische Tatsache, die kaum bekannt ist – Sofia ist die einzige Hauptstadt auf dem Balkan, die in den Kriegen im 19. und 20. Jahrhundert von einer fremden Armee nicht eingenommen worden ist. Doch, die Folgen für Bulgarien aus dem verlorenen Krieg waren niederschmetternd. Das Land verlor knapp 11.000 Quadratkilometern seines Territoriums. Bulgarien musste weite Gebiete abtreten – Westthrakien mit der wichtigen Hafenstadt Alexandroupolis im heutigen Nordgriechenland, die heutige ostserbische Stadt Dimitrovgrad und einige Ortschaften entlang des Timok-Flusses sowie Teile der Dobrudscha im Nordosten des Landes. Die bulgarische Armee wurde zerschlagen; gestattet waren nur 10.000 Mann Gendarmerie, 3000 Grenzwächter und ein stehendes Heer von 20.000 Söldnern. Das Fürstentum musste 70.000 Nutztiere den benachbarten Siegerstaaten abtreten und Serbien im Laufe von fünf Jahren nach Kriegsende insgesamt 250.000 Tonnen Steinkohle unentgeltlich liefern. Die Reparationszahlungen in Höhe von 400 Millionen Dollar waren für das in drei Kriegen geschwächte Land unerträglich.
Für die Gedenkveranstaltungen zum diesjährigen 100. Jahrestag des Ersten Weltkrieges wurde ein Komitee ins Leben gerufen, das sich unter anderem auch die Aufgabe gestellt hat, die zahlreichen Denkmäler im In- und Ausland zu restaurieren. Auf wissenschaftlichen Konferenzen sollen auch bisher unbekannte Tatsachen zum Kriegsverlauf diskutiert werden. Der Bulgarische nationale Rundfunk ist Medienpartner der Veranstaltungen.
Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
Fotos: Archiv
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