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Wirtschaftsanalyst Georgi Angelow: „Gesenkte EBWE-Prognose für Bulgarien kommt nicht unerwartet“

Foto: Archiv

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) hat ihre Wirtschaftsprognose für Südosteuropa nach unten korrigiert. Als Grund gab die Bank die Überschwemmungen in der Region und die Spannung im Bankensektor in Bulgarien an.

Im Mai hatte die EBWE ein Wirtschaftswachstum in Bulgarien von 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwartet. Im September wurde die Prognose auf 1,5 Prozent gesenkt. Hauptgrund dafür sei das schwankende Vertrauen in den Bankensektor, nachdem das viertgrößte Geldinstitut in Bulgarien nach einem Ansturm der Kunden auf die Schalter unter Sonderaufsicht gestellt werden musste. Der Staatshaushalt für das laufende Jahr rechnet mit einem Wachstum von 1,8 Prozent, es wird allerdings erwartet, dass er nach den Parlamentswahlen am 5. Oktober revidiert wird.

Die nach unten korrigierte Wirtschaftsprognose der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung kam nicht aus heiterem Himmel“, betont der Wirtschaftsanalyst Georgi Angelow vom Institut Open Society. „Bulgarien steckt seit Monaten in einer politischen und wirtschaftlichen Krise. Nach den Europawahlen im Mai wurde es sehr schnell klar, dass die Regierung geht. Es ist nach wie vor unklar, wie es nach den Neuwahlen weiter gehen wird – ob es zu einem Einparteienkabinett kommt oder doch noch zu einer Koalitionsregierung. Die Investoren warten ab, was nach den Wahlen passiert, um über ihr weiteres Investitionsverhalten zu entscheiden. Und auch die Unklarheit über die Zukunft des viertgrößten Geldinstituts in Bulgarien, der Korporativen Handelsbank, spielt eine Rolle. Eine Entscheidung darüber wird erst Ende November erwartet. Die Banken sind in ihrer Kreditpolitik noch mal vorsichtiger geworden. Nach dem Bankrun im Juni sehen sie zu, ihre Liquidität zu garantieren. Und hinzu kommt noch die Verunsicherung im Ausland – die Ukraine-Krise spitzt sich zu, und die Terrorgefahr durch die Dschihadisten-Miliz IS wächst“, zählt Angelow auf.

Die Spannung zwischen Russland und der Ukraine hat sich auf die Touristenzahlen in Bulgarien sehr negativ ausgewirkt. Nun scheint es, dass auch die Gaslieferungen aus Russland über die Ukraine im Winter ein Problem werden könnten. Hinzu kommen die Schäden durch die starken Überschwemmungen nicht nur in Bulgarien, sondern in der gesamten Balkanregion. Auch das hat die Touristenzahl nach unten gedrückt, aber auch für niedrige Erträge in der Landwirtschaft gesorgt. Der Reformwille stagniert, was das Wirtschaftswachstum dämpft. Lediglich die Überwindung der Rezession in Europa wirkt sich positiv auf die heimische Wirtschaft aus, aber das nur bedingt. Davon profitieren nur die Exporte, während die Binnennachfrage stagniert, betont Georgi Angelow. Zugleich aber erwartet die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, dass Bulgariens Wirtschaft nächstes Jahr um 2 Prozent wächst. Dazu wieder der Wirtschaftsexperte:

2015 soll deutlich besser werden als dieses Jahr“, bestätigt Georgi Angelow. „Auch die EU erwartet ein besseres Jahr, was sich in der Regel auch auf Bulgariens Wirtschaft vorteilhaft auswirkt. Doch, diese optimistische Prognose beruht auch darauf, dass es in Bulgarien selbst zu keinen Schwierigkeiten kommt. Die Probleme könnten von der Energiewirtschaft ausgehen, aber auch von der Unsicherheit im Bankensektor wegen des Falls mit der angeschlagenen Korporativen Handelsbank, wie auch von der Gefahr eines Haushaltsdefizits über der 3-Prozent-Marke. Die Chancen für ein steigendes Wirtschaftswachstum sind also da, wir müssen sie nur nutzen“, sagte abschließend Georgi Angelow von Open Society.

Übersetzung: Vessela Vladkova



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