Heute gehen die Bulgaren zu den Wahlurnen. Die Wahl der 43. Volksversammlung wollen wir zum Anlass nehmen und ein wenig in die Geschichte der heimischen Parlamentswahlen blättern.
Die ersten Wahlen selbst wurden dank einer reichen Bohnen- und Maisernte möglich. Nach der Neugründung des Staates 1878 wurde eine Gründungsversammlung gewählt, die sich am 10. Februar 1879 zu ihrer ersten Sitzung in Tarnowo einfand, um mit der Ausarbeitung einer Landesverfassung den Grundstein des neuen Bulgarien zu setzen. Die Abgeordneten selbst wurden mit Bohnen und Maiskörnern gewählt, denn die Zahl der Analphabeten unter der Bevölkerung war noch recht groß. Man wählte diese Art „Wahlzettel“ in Anlehnung an das antike Griechenland, der Wiege der Demokratie. Dort wählte man mit Bohnen. Jeder der Kandidaten für einen hohen Posten drehte seinen Helm um und die Wahlberechtigten warfen eine Bohne hinein, wenn sie ihn für würdig erachteten. Wer die meisten Bohnen erhielt, ging als Sieger hervor. Das gilt übrigens als die erste geheime Wahl in der Menschheitsgeschichte.
„Die unmittelbaren Vorfahren unserer heutigen Zentralen Wahlkommission haben dieses System aufgegriffen und weiterentwickelt“, meint der Schriftsteller Rossen Tachow. „Sie fügten den Mais als ablehnendes Votum hinzu, um noch besser abgrenzen zu können, wer ins Parlament kommt und wer nicht.“ Heute wie auch gestern hat das Volk nicht immer seine besten Vertreter auf die Abgeordnetensitze gebracht. Rossen Tachow nennt als Beispiel Iwantscho Hadschipentschowitsch aus Rustschuk, wie damals noch die Stadt Russe hieß.
„Iwantscho Hadschipentschowitsch war derjenige, der in den letzten Jahren der Türkenherrschaft seine Unterschrift auch unter das Todesurteil über den Freiheitsapostel Wassil Lewski gesetzt hat“, erörtert Rossen Tachow. „Er nahm 1872/73 als Vertreter der Bulgaren am Gerichtsverfahren gegen Lewski teil. Nach der Neugründung Bulgariens schätzten die Bewohner von Russe ein, dass es unter ihnen keinen „würdigeren“ als ihn gibt und schickten ihn ins Parlament. Und so setzte dann Hadschipentschowitsch seine Unterschrift auch unter die erste Landesverfassung. Damit sich solche Dinge nicht auch heute wiederholen, sollten alle Bulgaren wählen gehen“, ist der Schriftsteller überzeugt. Er weist auch darauf hin, dass sich einige Dinge bis heute nicht geändert haben:
„Griechenland gilt als die Wiege der Demokratie, während bei uns Michail Tackew als Vater der politischen Demagogie angesehen wird“, sagt Rossen Tachow. „Tackew stammte aus den Reihen der Demokratischen Partei. Es wird über eine seiner Wahlreden erzählt, die er in irgend einem Dorf gehalten hat. Ein Versprechen nach dem andren ergossen sich aus seinem Mund, wie aus einem Füllhorn. Schließlich versprach er den Bauern auch den Bau einer breiten bequemen Brücke. Einer der umstehenden Bauern habe sich ein Herz gefasst und den Redner darauf hingewiesen, dass sie hier eigentlich überhaupt keinen Fluss haben, über den man eine Brücke errichten könnte. Tackew ließ sich seinerseits nicht aus dem Gleichgewicht bringen und erwiderte: „Keine Sorge, liebe Bauern, wir von unserer Partei werden euch auch zu einem Fluss verhelfen...“
Gestern wie heute hält man sich nicht unbedingt an die Wahlregeln. Rossen Tachow weiß zu berichten: „Als Beispiel möchte ich an den Wahlsieg des bulgarischen Abgeordneten Anton Frangja von 1908 anbringen. Er war von Beruf Rechtsanwalt und gehörte der damaligen Progressiv-liberalen Partei an. Sein Gegner war der angesehene Schriftsteller und Intellektuelle Stojan Michajlowski von der Agrarierpartei. Beide gingen auf ein Wahlmeeting nach Stara Sagora – jeder stand auf jeweils einem Balkon und hielt seine Rede. Michajlowski, der in Frankreich studiert hatte, ging auf die Prinzipien der Demokratie ein, angefangen vom alten Griechenland über Rom bis zur neueren französischen Geschichte. Und so beschloss er auch seine Rede mit: „Vive la république! Vive la démocratie!“ Diese Worte klangen den auf dem Platz versammelten Bauern aus den umliegenden Dörfern doch sehr befremdlich, was sich Anton Frangja nicht entgehen ließ. Er schrie vor Empörung auf und wandte sich an die verdutzten Massen: „Habt ihr das gehört?! Er hat mich soeben öffentlich auf Walachisch beschimpft!“ Das einfältige Volk glaubte ihm und Frangja gewann die Wahlen und wurde Minister. Das zeigt, dass man mit fiesen Tricks ganz bequem ins Parlament kommen kann“, erzählt Rossen Tachow und erinnert auch an einige der Machtinstrumente, die bei Wahlen in Bulgarien angewandt wurden:
„Zu Beginn war es der „Prügelstock“. Als die Wahlen für die dritte Große Volksversammlung veranstaltet wurden, gingen durch die Straßen kräftige Kerle mit nicht minder kräftigen Ruten mit der Aufschrift „Verfassung“ durch die Straßen. Die Versammlung wurde in Swischtow einberufen und sie bewilligte Fürst Alexander I. Sondervollmachten, dank denen er die Verfassung außer Kraft setzte. Der Prügelstock gehört längst der Vergangenheit an und keiner wird mehr im Wahlkampf verprügelt. Dafür aber hat die Demagogie, die bereits zur Sprache kam, die Zeiten überdauert. Sie wird es wohl ewig geben. Das dritte Instrument sind die gekauften Zigeunerstimmen. Ihrer hat sich zum ersten Mal Nikolaj Suknarow von der damaligen Liberalen Partei bedient. Das, wie auch viele andere Tricks sind natürlich von der aufgeweckten Intelligenz Bulgariens stets kritisiert worden. Erinnern will ich beispielsweise an den Schriftsteller Aleko Konstantinow und sein Feuilleton „Löscht die Kerzen!“ Anlass für seine Kritik gab der Gründer der Volkspartei Konstantin Stoilow, der zwei Mal Ministerpräsident Bulgariens wurde. Im Vorfeld einer der Wahlen zeichnete sich ab, dass sein Gegner Dragan Zankow mehr Stimmen erhalten würde. Sofort telegraphierte Stoilow nach Bjala Slatina, dem entscheidenden Wahlbezirk: „Wenn's kritisch werden sollte, löscht die Kerzen und bringt die Urnen in Ordnung!“ Das ist der sogenannte „moralische Einfluss“. Konstantin Stoilow meinte: „Die Regierung, die an der Macht ist, hat das Recht, einen moralischen Einfluss auf seine Wähler auszuüben.“
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