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Der Kompromiss als Bestandteil des politischen Lebens in Bulgarien

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„Die zulässigen Kompromisse sind jene, die keine demokratischen Grundprinzipien verletzen“, sagt der Politologe Daniel Smilow.
Foto: BGNES

Laut Duden bedeutet ein Kompromiss eine Übereinkunft durch gegenseitige Zugeständnisse. Der Kompromiss hat sich in der bulgarischen Politiklexik dauerhaft niedergelassen. Dank gegenseitiger Zugeständnisse wurde die neue Mitte-Rechts-Koalitionsregierung mit linkem Beigeschmack erst möglich. Federführend sind die bürgerliche GERB-Partei des Ministerpräsidenten Bojko Borissow und der konservative Reformblock, unterstützt im Parlament von der Patriotischen Front und der sozialdemokratischen ABW-Partei des Arbeits- und Sozialministers Iwajlo Kalfin. Es fragt sich, wie logisch vertretbar ein solches Zusammenspiel ist. Dazu der Kommentar des Politikwissenschaftlers Daniel Smilow vom Zentrum für liberale Strategien.

Es fragt sich auch, wie gerechtfertigt eine solche breite Koalition ist und ob sie Vorteile nur für die Koalitionspartner bringt, oder auch für das Land generell“, sagt Smilow. „Die Patriotische Front verhält sich in einigen personellen Entscheidungen ausgesprochen dekonstruktiv. So hat sie drei Wochen lang gedroht, die Regierung nicht mehr zu unterstützen, sollte der türkischstämmige stellvertretende Verteidigungsminister Orchan Ismailow vom Koalitionspartner Reformblock seinen Posten nicht räumen“, führt Daniel Smilow an.

Dazu kam es nicht, dafür aber haben die Patrioten jetzt einen neuen Zankapfel fabriziert – die türkischsprachigen Nachrichten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen BNT. Es sieht ganz danach aus, dass die Regierung diesmal einlenken wird.

Die zulässigen Kompromisse sind jene, die keine demokratischen Grundprinzipien verletzen“, führt der Politologe weiter an. „Natürlich darf es unterschiedliche Politiken zu unterschiedlichen Themen geben, wie Steuer und Soziales. In solchen schwerwiegenden Bereichen sind Kompromisse nicht nur angebracht, sie sind unablässig“, behauptet der Politikwissenschaftler Daniel Smilow.

Angesichts dieser Überlegungen erreichte uns dieser Tage die Nachricht, der Reformblock und die Patriotische Front wollen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss über die korporativen und Medienabhängigkeiten in Bulgarien während der sozialliberalen Regierung Orescharski gründen. Im Gegenzug für diese Forderung des Reformblocks wird er einlenken und gegen die türkischsprachigen Nachrichten im Fernsehen abstimmen, wofür sich ihrerseits die Patriotische Front einsetzt. „Die wirtschaftspolitischen Seilschaften sind zweifelsohne ein wichtiges Thema für die bulgarische Gesellschaft und können ausschlaggebend dafür sein, ob diese Koalitionsregierung überhaupt im Amt bleibt“, meint Smilow.

Die vierer Koalitionsregierung ist in der Tat ein kompliziertes Gebilde – die vier Regierungsparteien sind grundsätzlich unterschiedlich“, sagt Daniel Smilow. „Das führt dazu, dass die Wähler der vier Parteien dieses komplizierte Kabinettsgebilde sehr schwierig runterschlucken. Daher muss das Kabinett, bzw. die Parteien, ihre Wähler und Anhänger überzeugen, dass die eingegangenen Kompromisse notwendig sind. Und genau an dieser Stelle tritt das Regierungsprogramm in den Vordergrund. Die Bürger erwarten konkrete Reformen in der Justiz, im Gesundheitswesen, in der Bildung, in der Verwaltung. Das sind die aktuellen Themen auf der Tagesordnung Bulgariens und zu diesen Themen sind Kompromisse erforderlich, die berechtigt sind und dann auch verstanden werden“, meinte abschließend der Politologe Daniel Smilow.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova



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