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Schulterklopfen: Borissows Berlin-Connection

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Foto: BGNES

Noch zu Beginn der Beitrittsverhandlungen Bulgariens mit der Europäischen Union hat sich Deutschland bereit erklärt, in die Rolle des Anwalts zu schlüpfen. Der EU-Beitritt ist nun acht Jahre her und Bulgarien sucht wieder Berlins Hilfe. Seinen ersten offiziellen Auslandsbesuch als wiedergewählter Ministerpräsident des Landes stattete Bojko Borissow dieser Woche der Bundeshauptstadt ab. Zum einen, weil er schon immer ein ausgesprochener Deutschland- und Merkel-Fan war – auf seinem Schreibtisch in der Parteizentrale steht ein Bild mit der Bundeskanzlerin; und zum anderen, weil Deutschland die führende Wirtschaftsmacht in Europa und die Bundeskanzlerin – die anerkannte einflussreichste Politikerin in der Europäischen Union ist. Und so suchte Borissow den Schulterschluss mit Deutschland beim eleganten Ausweg aus dem Debakel um die gescheiterte Gaspipeline South Stream. Statt Schulterschluss erntete Borissow lediglich ein Schulterklopfen. Es sieht ganz danach aus, dass auch nach dem Vieraugengespräch zwischen Merkel und Borissow das South-Stream-Projekt ein Debakel bleiben wird, und zwar für Bulgarien.

In Berlin suchte Bulgarien den Rückhalt Deutschlands für die sinnlichst geträumte Rolle des Erdgasverteilers auf dem Balkan. Nach Putins Absage der Gasleitung South Stream hat sich die bulgarische Regierung nämlich eine Alternative überlegt. Demnach soll Russland wie geplant den Unterwasserabschnitt unter dem Schwarzen Meer hindurch bis an die bulgarische Küste bauen. Von einem Gasspeicher nahe der Hafenstadt Warna aus soll dann die EU das russische Gas in die südosteuropäischen Mitgliedsländer verteilen. Der Bau des neuen Gasverteilers bei Warna soll demnach aus EU-Geldern finanziert werden. "Im Sinne der Europäischen Energieunion gehört dieser Energie-Hub der EU und sie kann dann das Gas an Serbien, Mazedonien, Griechenland, Rumänien, Ungarn, Slowenien, Österreich und Bulgarien verteilen", argumentierte Borissow seinen Vorstoß. Ihm zufolge sei dies aus EU-Sicht die deutlich bessere Variante, als die Türkei zu einem Drehkreuz für die Gaslieferungen nach Europa werden zu lassen, wie Putin und Erdogan vorhaben.

Zu diesem Thema hüllte sich die Bundeskanzlerin auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten in Schweigen. Dafür aber sticht ins Auge, dass Deutschland wohl wegen des Baustopps an South Stream kalte Füße bekommt und Russland plötzlich als „verlässlichen Partner“ lobt. „Gerade die deutsche Wirtschaft hat sehr gute Erfahrungen mit Russland als verlässlicher Partner gemacht“, sagte Merkel im Beisein von Borissow. „Wirtschaftliche Beziehungen sollte man trotz durchaus unterschiedlicher Bewertungen immer sehr verlässlich gestalten“, hieß es weiter. Nun, man darf natürlich nicht vergessen, dass Russland auch trotz der EU-Sanktionen ein sehr wichtiger Absatzmarkt für die deutsche Industrie ist. Konkret zum gescheiterten Gasprojekt South Stream plädierte die Bundeskanzlerin dafür, dass beide Seiten ihre rechtlichen Fragen „ordentlich aufarbeiten“ und dass man sich die Rechtssituation „einmal ganz nüchtern“ anschaut. Deutschland würde Bulgarien „hilfreich zur Seite stehen“. Im Klartext sieht es nicht danach aus, dass Berlin bereit wäre, seine guten Wirtschaftsbeziehungen zur Großmacht Russland wegen der South-Stream-Probleme Bulgariens zu opfern.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen auf dem kriselnden russischen Finanzmarkt treten auch die wahren Gründe für das Aus der umstrittenen Pipeline auf: die EU-Sanktionen, die fallenden Ölpreise und der Kursverfall des Rubels haben dazu geführt, dass Russland einfach nicht das nötige Geld hat, um sich dieses milliardenschwere Projekt zu leisten. Die Ukraine-Krise hat zudem die geopolitische Karte Europas grundlegend verändert. Die Erdgasleitung South Stream sollte die strategische Lage der Ukraine als Transitland schwächen.

Gerechterweise muss man auch sagen, dass Bulgarien doch nicht ganz leer ausgegangen ist. Zwar wird russisches Gas nach Bulgarien voraussichtlich bald nicht fließen, dafür aber fließen wieder die auf Eis gelegten EU-Gelder nach Bulgarien. Und sie sind für die heimische Wirtschaft wesentlich bedeutsamer, als die eventuellen Transitgebühren aus der Gasleitung South Stream. Es wäre zu naiv, diese beiden auf dem ersten Blick verschiedenen Paar Schuhe im großen geopolitischen Puzzle nicht miteinander zu verbinden.



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