Einen Tag nach der Visite des britischen Chefdiplomaten Philip Hammond in Sofia reiste am Donnerstag US-Außenminister John Kerry samt seiner Stellvertreterin Victoria Nuland in die bulgarische Hauptstadt. Wie es sich für einen so hochrangigen Besuch gehört, wurde Kerry von allen wichtigen Spitzenpolitikern des Gastgeberlandes empfangen – Staatspräsident Rossen Plewneliew, Ministerpräsident Bojko Borissow und Außenminister Daniel Mitow. Nach den Gesprächen mit Regierungschef Borissow gaben beide eine kurze Pressekonferenz.
„Ich freue mich, zu einer Zeit in Sofia zu sein, wenn Bulgarien und die Region vor großen Herausforderungen gestellt sind“, sagte John Kerry. „Ich bin hier, um Bulgarien unsere Partnerschaft und Unterstützung zu versichern. Die USA sind mit der Sicherheit, der Prosperität und der Standhaftigkeit der demokratischen Institutionen in Bulgarien engagiert. Seit über zehn Jahren stehen wir in der NATO Schulter an Schulter auf der Balkanhalbinsel, in Afghanistan und im Irak. Wir stehen auch heute Bulgarien zur Seite“, so der US-Außenminister in Sofia.
Hinter diesen höflich-diplomatischen Worten versteckt sich allerdings eine Ermahnung an Bulgarien, sich um mehr Rechtsstaatlichkeit und eine stärkere Korruptionsbekämpfung zu bemühen. Kerry unterstützte eine geplante Justizreform, damit Bürger und Investoren den Institutionen mehr vertrauen können.
Hauptthema der Gespräche in Sofia war erwartungsgemäß die Energiesicherheit. Bei seinen Gesprächen in Sofia ermutigte US-Außenminister John Kerry das fast völlig vom russischen Gas abhängige Bulgarien darin, diverse Energiequellen zu nutzen. Mit Blick auf eine mögliche Reaktion Russlands auf die Bemühungen der neuen Regierung in Sofia nach mehr Energieunabhängigkeit stellten sich die USA voll hinter Bulgarien. Kerry sicherte zu, Bulgarien könne sich als NATO-Mitglied auf die gemeinsame Verteidigung nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrages verlassen.
„Kein einziges Land darf von einer einzigen Energiequelle abhängig sein“, sagte Kerry in Sofia. „Die USA sind bereit, Bulgarien zu unterstützen, denn es musste schwierige Entscheidungen treffen. Wir haben uns damit engagiert, Investitionen nach Bulgarien zu bringen und einen Plan für die Energiezukunft Bulgariens auszuarbeiten. Doch, der Schlüssel für mehr Investitionen ist die Rechtstaatlichkeit“, betonte John Kerry.
Zur Diversifizierung der Energielieferungen, die Bulgarien seit Jahren anstrebt, gehört auch die Möglichkeit, Schiefergas im Nordosten Bulgariens zu fördern. Die umstrittene Fracking-Technologie ist in Bulgarien verboten, und im Vorfeld von John Kerrys Besuch in Sofia gab es weit verbreitete Befürchtungen, dass dieses Verbot wegen des großen Interesses amerikanischer Konzerne an die Schiefergasgewinnung in Bulgarien fallen gelassen wird.
„Wir haben mehrfach betont, dass in Bulgarien ein Moratorium dafür auferlegt worden ist“, erklärte in diesem Zusammenhang Bulgariens Ministerpräsident Bojko Borissow. „Dabei bleibt es auch solange, bis eine unumstrittene und vor allem umweltschonende Technologie entwicklet wird. Denn die Schiefergasvorkommen befinden sich in dem Gebiet unseres Landes mit den fruchtbarsten Böden. Was den Bau eines neuen Meilers im Atomkraftwerk Kosloduj durch den US-Konzern Westinghouse betrifft, so kann ich bekannt geben, dass wir eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegründet haben. Ich habe ganz deutlich klargestellt, dass Westinghouse in dieses Projekt als Investor einsteigen soll, das eventuell durch die amerikanische Ex-Im Bank (Export-Import Bank of the United States) finanziert wird. Bulgarien darf das Konvergenzkriterium von 3 Prozent Haushaltsdefizit nicht mehr verletzen“, betonte der Regierungschef.
Vier Arbeitsgruppen wollen Bulgarien und die USA einrichten, um die bilaterale Partnerschaft anzukurbeln: in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung, Energiesicherheit, Rechtsstaatlichkeit sowie Bildung und Kultur. Die aus bulgarischer Sicht empfindliche Frage, wann die Visumspflicht für bulgarische Staatsbürger für die USA entfallen würde, blieb ohne Antwort. Kerry betonte, dass der Anteil der verweigerten Einreisen bis auf 3 Prozent sinken muss. Derzeit liegt er bei 15 Prozent.
Redaktion: Vessela Vladkova
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