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13. Fortschrittsbericht für Bulgarien: Zu langsame Fortschritte, die Reformen müssen weitergehen

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Foto: BGNES

Die Fortschritte in Bulgarien in der Justizreform und im Kampf gegen das organisierte Verbrechen sind zu langsam. Es sind weitere Schritte notwendig. Das wird in der offiziellen Mitteilung des ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Frans Timmermans nach der Präsentation des 13. Fortschrittsberichts für unser Land nach dem Kooperations- und Überprüfungsmechanismus betont. Als ein Hauptgrund für die Verzögerung der Reformen wird die politische Instabilität in Bulgarien im letzten Jahr angeführt. Jetzt herrscht aber dringender Handlungsbedarf, lautet die klar formulierte Empfehlung der EU-Kommission.

Unter den positiven Bewertungen des ansonsten wie erwartet kritischen Berichts ist die Strategie für die Justizreform, die von der neuen bulgarischen Regierung ausgearbeitet und vom Parlament gebilligt wurde, wie auch die begonnene Reform in der Staatsanwaltschaft, die für ihre Dezentralisierung sorgen und die Unabhängigkeit der Staatsanwälte garantieren soll.

Unter den schärfsten Kritikpunkten ist erneut die geringe Zahl der verurteilten Vertreter des organisierten Verbrechens und für Korruption in den höheren Machtetagen. Am allerschärfsten wird die Arbeit des Obersten Gerichtsrates kritisiert, die die Tätigkeit des Justizsystems organisiert und für seine Unabhängigkeit sorgen muss: es mangelt immer noch an Entschlossenheit, das Problem mit der Zuteilung der Gerichtsprozesse nach den Zufallsprinzip, wie auch mit der Auswahl der Personen, mit denen wichtige Positionen im Justizsystem besetzt werden.

Der Bericht ist objektiv und es gibt eine positive Einschätzung für die ersten Schritte der Regierung zur Umsetzung der Strategie, es wird auch ausdrücklich die parlamentarische Unterstützung dafür betont. Das ist ein Zeichen für das Parlament, dass, wenn wir als Nation zum Erfolg kommen wollen, wir genau so weiterarbeiten müssen.“ So kommentierte die Vizepremierin für europäische Politik Meglena Kunewa den Fortschrittsbericht. Positiv bewertet wird auch die Strategie für Reformen im Innenministerium, doch der Schwerpunkt liegt klar auf der Justizreform. Doch auch die beste Strategie ist nicht so viel wert wie ein paar konkrete Ergebnisse, die nur durch Handlungen erreicht werden können, betonte Kunewa. Ihren Worten zufolge ist das ein klares Signal an die Richter und Staatsanwälte: das Gesetz muss mit Überzeugung, Strenge und Mut angewendet werden!

Die einzige Währung in der Politik ist das Vertrauen – eine andere gibt es nicht“, sagte Meglena Kunewa. „Wenn es niedrig im Kurs steht oder wenn es gar fehlt, dann können wir keinen normalen Dialog mit den anderen EU-Staaten führen. Dieser Bericht gibt Bulgarien also eine Chance. Doch im nächsten Jahr wird das nicht mehr so sein, wenn wir keine entschlossenen Schritte unternehmen. Der Bericht ist da sehr deutlich“, sagte sie weiter.

Die Regierung hat es zum wiederholten Mal geschafft, die Europäische Kommission davon zu überzeugen, dass Bulgarien gewisse, wenn auch nur leichte Fortschritte macht. Können aber auch die bulgarischen Bürger davon überzeugt werden, dass etwas geschieht, dass es im Staat Sicherheit und eine funktionierende Justiz gibt, denn ohne Sicherheit und Justiz gibt es ja eigentlich keinen richtigen Staat, lautete die Frage von Radio Bulgarien an Meglena Kunewa.

Die Antwort der Bürger ist: Nein, wir glauben nicht an Strategien. Wir wollen Taten sehen! Für 97 Prozent der Bulgaren ist die Korruption ein enormes Problem. Rund 70 Prozent meinen, dass der Kooperations- und Überprüfungsmechanismus der Europäischen Kommission weitergeführt werden muss. Das gilt auch für Eurobarometer. Ja, wir wollen Hilfe von außen. Und das geben auch die bulgarischen Bürger zu“, sagt Meglena Kunewa weiter. „Es gibt aber noch einen weiteren Anlass zur Beunruhigung – nämlich dass unsere nationalen Misserfolge sich dominierend auf unsere europäische Entwicklung auswirken. Wir können eigentlich gar nicht über Wirtschaft sprechen, denn wie können wir Investoren einladen und riskieren, dass sie morgen enttäuscht davonlaufen und unser Land noch stärker in Verruf bringen. Das wäre absolut unzulässig. Und da vom Vertrauen die Rede war – wenn wir uns das auf dem Finanzmarkt vorstellen, wären unsere Vertrauensaktien „Junk“. Die einzige Möglichkeit, dass sie mit „AAA“ bewertet werden, wäre durch Ambition, Engagiertheit und absolute Priorität. Doch das ist eine tägliche Aufgabe für die nächste Jahresfrist. Es braucht viel Entschlossenheit und viel Mut, um die Dinge in Bulgarien zu verändern“, sagte die Vizepremierin für Europafragen.

Meglena Kunewa äußerte auch die Überzeugung, dass eine Umsetzung der Strategie, Schritt für Schritt, so, wie sie gebilligt wurde, zum Erfolg führen müsste. Der konkrete Aktionsplan und die Reformschritte im Justizsystem und im Innenministerium entsprechend den Empfehlungen der Europäischen Kommission müssen in allernächster Zeit geklärt werden. Der nächste Fortschrittsbericht kommt in einem Jahr.

Übersetzung: Petar Georgiew



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