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Marin Lesenski: Bulgarien ist nunmehr ein Faktor in der EU-Außenpolitik

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Foto: BGNES

Im Zuge seiner außenpolitischen Isolation in der meisten Zeit des Vorjahres figuriert Bulgarien häufig in der Kategorie der "passiven Befürworter" der gemeinschaftlichen europäischen Politik. Die Einfrierung des South-Stream-Projekts und die Schwierigkeit unseres Landes, im Gegensatz zu anderen EU-Ländern, an dieser Entscheidung festzuhalten, machen Bulgarien zu einem "Leader" in der Kategorie "Diversifizierung und Reduzierung der Abhängigkeit von Russland". Das haben die Ergebnisse der 5. Ausgabe des Europaen Foreign Policy Scorecard 2015 ergeben, der vom Europaen Council on Foreign Relations (ECFR) erstellt wird. Dabei handelt es sich um eine Art Rangliste über das Abschneiden der europäischen Außenpolitik im internationalen Vergleich. Die einzelnen europäischen Länder werden für ihren Beitrag zu europäischen Außenpolitik benotet und als "Leader", "Supporter" und "Slacker" etikettiert, je nachdem, ob sie die europäischen Bemühungen in den jeweiligen Feldern anführen oder bremsen.

СнимкаFür Radio Bulgarien kommentiert der Autor der Bulgarien-Analyse Marin Lesenski, Direktor des Programms "Europäische Politiken" am Open-Society-Institut.
"Das Wichtigste ist, dass Bulgarien nunmehr seinen Platz als EU-Mitglied ausfüllt und seine Standpunkte zu europäischen Angelegenheiten äußert. Aus diesem Gesichtspunkt ist Bulgarien nunmehr einer der Faktoren bei der Entscheidungsfindung. Speziell 2014 war mit drei Regierungen innenpolitisch ein schwieriges Jahr. Deshalb war die Bewertung der Außenpolitik recht schwierig. Positiv ist, dass Bulgarien in den meisten Fällen nicht zu den `Slackern` sondern zu den `Supporters` der europäischen Politiken zählt, was im Vergleich zu den Vorjahren ein Fortschritt ist. Und - in einem der untersuchten Bereiche - im Energiewesen - ist Bulgarien sogar ein `Leader`. Allerdings erwartet man von unserem Land, dass es sich aktiver in Themen wie EU-Erweiterung und Balkan einbringt. Hier muss unser Land noch aktiver werden und den Erwartungen als regionaler Leader entsprechen, die europäische Außenpolitik führen. Diese Möglichkeit ist nur wenigen EU-Ländern gegeben - sowohl was das diplomatische Gewicht als auch was die Ressourcen betrifft."

Die Benotung basiere auf reellen Aktivitäten, sowohl was die Politiken als auch was die verausgabten Ressourcen betrifft, und nicht auf Einstellungen oder Plänen, erklärt Marin Lesenski. Den Bereich "Humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe für andere Länder" bewertete sich Bulgarien bisher als rückständig. Von außen gesehen, ist unser Land jedoch im Vergleich zu Staaten aus der dritten Welt und konfliktgeladenen Staaten ein "entwickeltes" Land, von dem finanzielle Unterstützung erwartet und die auch geleistet wird, verweist der Experte. Die Bewertung basiert darauf, ob das den gemeinschaftlichen Interessen der EU förderlich ist und folglich auch den nationalen.

"Die Analyse hat ergeben, dass die nationalen Standpunkte der einzelnen EU-Staaten zu den verhandelten Themen in den meisten Fällen übereinstimmen", sagt Marin Lesenski. "Speziell zu den Konflikten in der Ukraine, im Nahen Osten und in Syrien. In dieser Hinsicht ist 2015 ein gutes Jahr für die Außenpolitik der Europäischen Union. Ein ganz anderes Thema ist, welche Ergebnisse dabei erzielt wurden und ob damit das Ziel erreicht wird. Leider halten  die Konflikte in der Ukraine und in Syrien weiter an. Das zeigt, dass die von der EU angestrebten Ergebnisse nur sehr schwer umzusetzen sind. 1992 wiederum war Bulgarien der Nachbar eines Landes, in dem Krieg geführt wurde - der Krieg im früheren Jugoslawien. Uns allen ist in Erinnerung, wie lange er gedauert hat, wie schwierig die Lösung dieses Konflikts und wie lange die Negativfolgen zu spüren waren. Bulgarien war wirtschaftlich betroffen, auch hatte der Konflikt politische Folge, auch heute noch gibt es ungeklärte Fragen."

2014 seien die Herausforderungen vor der EU gestiegen und komplizierter geworden, erklärte seinerseits Außenminister Daniel Mitow. "Anstatt vor einen kalten Krieg ist Europa vor zahlreiche heiße Konflikte gestellt." Und wie ist 2015 angelaufen?

"Sehr beunruhigend. Nach den Attentaten in Paris eskalierte die Terrorgefahr in Europa. Das jedoch ist mit dem für die EU externen Konflikt mit dem Islamischen Staat verbunden. Auch in der Ukraine eskaliert die Lage. D.h. 2015 wird ein schwieriges Jahr mit vielen Herausforderungen für Europa."

Übersetzung: Christine Christov



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