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Ein gutes Wort vermag viel

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Fotocollage: Wergil Mitew

Seit jeher sind sich die Menschen der Macht der Worte bewusst. Heute sind es vor allem Psychologen und Geisteswissenschaftler, die sich mit diesem Thema tiefgreifend auseinandersetzen, doch jeder einzelne von uns weiß der Worte Kraft und ist bestrebt, im jeweiligen Augenblick die passenden Worte zu finden. Die Entscheidung liegt bei uns, sie im Guten oder im Bösen zu nutzen. Das ist natürlich nichts Neues und hat daher auch in der Folklore aller Völker Eingang gefunden. Das Wort wird als etwas konkretes, ja fast materielles angesehen. Im Bulgarischen lautet ein Sprichwort: „Ein gesagtes Wort ist wie ein geworfener Stein“. Sobald ein Wort ausgesprochen ist, haben wir auch keine Gewalt mehr darüber. Der Volksmund sagt: „Das Wort ist kein Spatz, sobald es aber entflogen ist, kann man es nicht wieder einfangen“.

Die Wortgewandtheit wird in allen Kulturen hoch geschätzt. Im Bulgarien sagt man zu wortgewandten Menschen, dass sie einen „goldenen Mund“ haben oder ihnen „Honig von der Zunge tropft“. Die Fähigkeit, in schwierigen Situationen ein gutes Wort zu finden, umschrieben unsere Vorfahren mit Sprichwörtern, wie „Ein gutes Wort öffnet eiserne Tore“ oder „Ein gutes Wort ist wie ein goldener Schlüssel“. Die Volksweißheit lehrt jedoch auch, dass die Worte stark verletzten können: „Die Zunge hat keine Knochen, kann jedoch welche brechen“ und „Die Zunge ist schärfer als ein Messer“.

Ein bulgarisches Volksmärchen erzählt von einem Menschen und einem Bären, die sich einst im Wald trafen und beschlossen, Freunde zu werden. Sie verstanden sich glänzend, bis sich eines Tages der Mensch beiläufig beklagte, dass der Bär einen fürchterlich schlechten Atem habe. Der Bär war tief getroffen und bat den Menschen, ihm kräftig auf den Kopf zu schlagen. Mit blutigem Haupt verschwand er daraufhin im Wald. Nach etwas mehr als einem Jahr trafen sie sich wieder und der Bär forderte den Menschen auf, nachzuschauen, was mit der Wunde geworden ist. Sie war aber längst verheilt und der Mensch konnte nichts entdecken. Daraufhin sagte der weise Bär: „Von der Wunde ist nicht mal eine Narbe geblieben, doch das böse Wort, das du mir gesagt hast, werde ich nie vergessen...“.

Laut den Vorstellungen unserer Vorfahren hatte das Wort nicht nur die Macht, die soziale Ordnung zu verändern, sondern selbst die Natur. Es kam ihm sogar eine magische Bedeutung zu. Und so wünscht man sich bis heute in den wichtigsten Momenten im Leben Gesundheit, Glück und ein langes Leben. Segnende Worte sprach und spricht man bei Taufen und Hochzeiten, wie auch an großen gesellschaftlichen Feiertagen und Kirchenfesten, vor allem an jenen, die symbolisch einen Beginn kennzeichnen, wie Weihnachten und Neujahr. Man wünscht sich das Gute herbei.

Die fürchterliche Kraft des Fluches wurde aber auch als etwas Reales angesehen. Flüche und Verwünschungen konnten durchaus gerecht sein und eine Sünde oder einen Wortbruch bestrafen. Besondere Kraft wurde den Flüchen betrogener Mädchen, wie auch der von Eltern nachgesagt. Ein bulgarisches Volkslid schildert eine ergreifende Geschichte: Ein Sohn schleppt seinen gefesselten Vater zum Markt, um ihn dort zu verkaufen, um Geld für seine eigenen Kinder zu haben. Auf den Weg dorthin bittet der Vater, an einem Brunnen Halt zu machen, damit er Wasser trinken könne. So würde er mehr wiegen und entsprechend mehr Geld einbringen. Während der Rast sagt der alte Mann: „Kinder sollst du großziehen, die dich dann genauso fesseln und auf den Markt verkaufen...“

Die mit nichts gerechtfertigten Flüche galten wiederum als große Sünde. Man war überzeugt, dass diese Flüche wieder zurückkommen und jenen treffen, der sie ausgesprochen hat.

Die Menschen von heute täten gut daran, von der Weisheit ihrer Vorfahren zu lernen, die Worte vorsichtiger zu gebrauchen und vor allem für gute Zwecke. Ein bulgarisches Sprichwort lautet: „Öffne deinen Mund nur für Gutes!“





Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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