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Die EU-Sanktionen gegen Russland und ihre Auswirkungen auf Bulgarien

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Die Beziehungen zu Russland werden im Mittelpunkt des Gipfeltreffens der Europäischen Union am 19. und 20. März in Brüssel stehen. Beim informellen Treffen in Riga erklärte neulich der bulgarische Außenminister Daniel Mitow, dass unser Land neue Sanktionen gegen Russland unterstützen wird, falls Verstöße gegen das Abkommen von Minsk festgestellt werden. Inwiefern ist Bulgarien von den bisherigen Sanktionen betroffen?

Laut Kantscho Stojtschew von der Vereinigung "Hergestellt in Bulgarien" seien die Verluste zumindest in der Lebensmittelindustrie nicht so dramatisch. "Das Obst und Gemüse, sowie die Milchprodukte, die früher nach Russland exportiert wurden, bleiben nun bei uns", sagt er. "Das Problem sind die Importe dieser Produktion aus anderen EU-Staaten nach Bulgarien. Als die Sanktionen verhandelt wurden, sollte man vereinbaren, dass diese Importe nach Bulgarien eingeschränkt werden sollten. Die Polen und die Holländer haben Entschädigungen bekommen, gleichzeitig sind unsere Läden mit ihrer Produktion überfüllt, die zu sehr niedrigen Preisen angeboten wird. Es ist verwunderlich, dass die Wettbewerbskommission darauf nicht reagiert hat, weil per Gesetz dürfen bei uns Waren unter ihrem Selbstkostenpreis nicht verkauft werden. Man kann momentan Qualitätskäse für 2,50 bis 3.00 Euro pro Kilogramm finden, was die Hälfte des Preises des bulgarischen Käse ist. Das treibt die bulgarische Milchproduktion in den Ruin und bereitet den Tierzüchtern große Probleme."

Georgi Mintschew, Vizechef der Bulgarisch-russischen Industrie- und Handelskammer berichtet über die Verluste in den anderen Industriezweigen: "Im Bereich der Immobilienverkäufe an russischen Bürgern gibt es einen Rückgang von 100%", sagt er. "Eine Erholung des Marktes ist nicht in Sicht, auch wenn die Sanktionen aufgehoben werden. An zweiter Stelle kommen die Verluste im Maschinenbau. In einigen Energievorhaben sowie bei der Verkehrsproduktion werden keine Aufträge mehr erteilt. Die Sanktionen haben darüber hinaus die Verteidigungsindustrie, das Energiewesen und weitere Branchen getroffen. Russland hat sofort mit einer Unterbrechung der Lieferungen von großen Konzernen wie Siemens, Mannesmann, Thyssen-Krupp u.a. reagiert, deren Subunternehmer viele bulgarische Firmen sind. Hier sind die Verluste nicht nur kurzfristig, weil sie Daueraufträge betreffen. Bei der Eisenbahn-Infrastruktur steht in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Inbetriebnahme der Verbindung Peking-Kasan-Moskau-Berlin bevor. Die russische Strecke sollte von Siemens und Alstom gebaut werden. Die Höhe der Investition betrug 300 Milliarden Euro. Nun liebäugelt China mit Russland und versucht den Auftrag zu bekommen, wobei auch der Preis deutlich reduziert wurde. Wenn die westlichen Firmen den Vertrag verlieren, können sie erst in 50-60 Jahren mit einer neuen Vereinbarung in dieser Größenordnung rechnen. Der Schaden wird nicht nur für Bulgarien, sondern für die gesamte Union enorm sein."

Laut Martin Wladimirow vom Zentrum für Demokratiestudien bringen die Sanktionen auch Vorteile und zwar für die Verbraucher allgemein. Die Landwirtschaft beträgt einen nicht so bedeutenden Anteil der Volkswirtschaft, so dass im Großen und Ganzen die Verbraucher einen Gewinn machen werden, der größer als die Verluste für die Produzenten sein wird. Die langfristigen Verluste sind aber bedeutender, da Russland ein Riesenmarkt ist. Der Ausstieg aus einigen Energievorhaben aber hat dazu geführt, dass der Kreis der Energieabhängigkeit von Russland unterbrochen wurde und einigen Korruptionspraktiken bulgarischer Unternehmen ein Ende gesetzt wurde.

Übersetzung: Milkana Dehler



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