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Freihandelsabkommen zwischen USA und EU: Verhandlungen stocken

Foto: BGNES

Das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union, das noch in diesem Jahr abgeschlossen werden sollte, vertagt sich offensichtlich auf 2016. Das glaubt auch der bulgarische EVP-Europaabgeordnete Swetoslaw Malinow. In Sofia organisierte er eine Diskussion über die Vor- und Nachteile des Transatlantic Trade and Investment Partnership, wie das heiß diskutierte Freihandelsabkommen mit vollem Namen heißt.

Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen stocken. Der Zankapfel zwischen Washington und Brüssel ist derzeit die umstrittene Einführung privater Schiedsgerichte für Unternehmen. Das besagte Schiedsverfahren würde bedeuten, dass Großkonzerne ihre Interessen gegen die Gesetzgebung der Mitgliedsländer der EU durchsetzen können, und zwar ohne demokratische Kontrolle. Europaabgeordnete Malinow kommentiert:

Sollten sich die USA und die Europäische Union in diesem Punkt nicht einigen, ist nicht auszuschließen, dass das Europäische Parlament das Freihandelsabkommen ablehnt“, sagt Swetoslaw Malinow. „Das Schiedsverfahren, das darin vorgesehen wird, ist äußerst umstritten und ermöglicht den Missbrauch seitens der Großkonzerne.“

Ihm zufolge bestehen die USA, bzw. die einflussreichen Konzerne in Übersee, auf das Schiedsverfahren. Sie begründen diese Haltung mit der Angst um ihre Investitionen auf dem Alten Kontinent. Für den bulgarischen Europaabgeordneten Swetoslaw Malinow besteht noch ein weiterer Streitpunkt zwischen Europa und Amerika.

Es geht um das Urheberrecht“, sagt Malinow. „Ich würde die sehr strenge Regelung des Urheberrechts in den USA nicht auf Europa übertragen. Doch, dieses Problem ist nicht ausschlaggebend. Von entscheidender Bedeutung für die Europäische Union ist meiner Ansicht nach das Schiedsverfahren, das wir keinesfalls zulassen dürfen“, so der konservative Politiker.

Swetoslaw Malinow betonte, dass die Verhandlungen zwischen den USA und der EU nicht geheim geführt werden. Dennoch entstehe der Eindruck, dass den europäischen Bürgern etwas vorenthalten wird. Es handele sich allerdings um ein Handelsabkommen, und es sei nicht zu erwarten, dass alle Einzelheiten in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Es ist wichtig zu wissen, dass die endgültige Fassung des Freihandelsabkommens dem Europäischen Parlament nur zur Abstimmung vorgelegt wird. „Wir können dann keine Änderungen mehr vornehmen“, kommentirt Malinow.

Wie überall, so auch in Bulgarien gibt es Befürworter des Freihandelsabkommens. Dazu gehört Dessislawa Nikolowa vom Institut für Marktwirtschaft in Sofia. Die Pluspunkte für Bulgarien sieht sie im Wegfall der Zölle in der Landwirtschaft, die europäische Agrarexporte in die USA derzeit äußerst schwierig machen. Bulgarien exportiert Tabak, Käse, Tierfutter, Gemüse und Nahrungsmitteln in die USA.

Angaben des Statistikamtes in Sofia zufolge machen die Exporte Bulgariens in die USA lediglich 1,4 Prozent aller Ausfuhren aus. Das gibt Wanja Grigorowa von der Nichtregierungsorganisation „Solidarität“ Grund genug, das Freihandelsabkommen abzulehnen.

Wir sehen kein besonders großes Potential, das sich vor Bulgarien eröffnen würde, wenn die EU dieses Abkommen abschließt“, kritisiert Wanja Grigorowa. „Bulgarien exportiert grundsätzlich kaum fertige Produkte, so dass der Mehrwert gering ist. Und auch umgekehrt – der bulgarische Markt ist viel zu klein, um für die amerikanischen Großunternehmen interessant zu sein. Die einzige Nische, die wir sehen, ist in der Textilindustrie. Die amerikanischen Hersteller verarbeiten Stoffe aus China, um ihre Kosten gering zu halten. Und so macht es keinen Unterschied, ob das fertige Produkt aus China oder den USA kommt. Auf diesem Preisniveau kann Bulgarien wettbewerbsfähig sein. Ich schließe aber auch die Gefahr nicht aus, dass viele kleine Nähfabriken Pleite gehen und die Arbeitslosigkeit dadurch steigt“, kommentierte abschließend Wanja Grigorowa von der Nichtregierungsorganisation „Solidarität“.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova



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