In den Jahren nach der Befreiung Bulgariens von der osmanischen Fremdherrschaft war die Erziehung der jungen Generation eine Hauptaufgabe. Die ersten Versuche zur Einführung der Körperertüchtigung unternahm der Chemielehrer Todor Jontschew, der dazu zwölf Turnlehrer aus der Schweiz einlud. Und so entstanden zwischen 1895 und 1897 die ersten Turnvereine des Landes. Ein Jahr später wird der Verband der bulgarischen Turnvereine "Junak" gegründet. Sein erster Vorsitzender ist Todor Jontschew.
"Die Leute, die in diesen Vereinen organisiert waren, kamen aus allen Schichten der Gesellschaft", erzählt die Chefin des Sportmuseums in Sofia Katja Dimitrowa. "Darunter waren sowohl hohe Beamte als auch nur wenig gebildete Menschen. Das veranschaulicht selbst in diesen Anfangsjahren die vereinigende Rolle des Sports. Später nahm sich Zar Boris III. des Verbandes an. Als seine Nachfolger Maria-Luisa und Simeon auf die Welt kamen, meinte er, seine Kinder sollen in der Reihen dieser Organisation zu Patriotismus erzogen werden."
Die Vereinsmitglieder bauen aus Eigenmitteln die ersten Turnsäle und Stadien, wo sich die Jugend im Tanzen, in der Leichtathletik, im Boxen, Fechten und Ringkampf übte. In einigen Städten wurde auch geschwommen, gerudert und geritten.
"In den begrenzten Räumlichkeiten unseres Sportmuseums nimmt der Junak-Verband einen zentralen Platz ein. Und das ganz bewusst, denn der Verband war ausgesprochen breit kulturell-erzieherisch tätig, was ihn zu einer einzigartigen Vereinigung im bulgarischen Sport macht. Leider haben viele noch nie von dieser Vereinigung gehört, die de facto den Grundstein für den modernen Schulsport als auch für zahlreiche Sportarten in unserem Land gelegt hat", sagt Katja Dimitrowa.
Die Schweizer Lehrer bringen Sportarten wie Baseball, Basketball, Volleyball, Eiskunstlaufen und Fußball nach Bulgarien. Unter den Turnern werden Musik- und Literaturwettbewerbe ausgetragen, Lesungen und Vorlesungen veranstaltet sowie Chöre und Musikgruppen gebildet. Die einzelnen Vereine geben verschiedene Zeitungen heraus. Auch entstehen viele Bücher, in denen die Übungen ausführlich erklärt und bildlich veranschaulicht werden.
Im Mittelpunkt des Junak-Verbandes standen jedoch die großen Turnfeste, die seit 1900 alle zwei oder drei Jahre stattfanden. Das Programm umfasste Festparaden, Massengymnastik als auch Wettkämpfe im Laufen, Speerwerfen, Weit- und Hochsprung, Gewichtheben und Ringen.
"Die Teilnehmer zeigten Massensportschauen, wobei die Übungen selbstverständlich vorher eingeübt wurden", erzählt Katja Dimitrowa weiter. "Damit sollte der förderliche Einfluss von Sport auf den Körper demonstriert werden. Die Turnfeste hatten natürlich auch Wettkampfcharakter. Die Sieger erhielten Medaillen, Plaketten, Pokale und Urkunden. All das sowie die offiziellen Uniformen des Junak-Verbandes kann man im Sportmuseum bestaunen. Am Turnfest 1910 nahmen auch Serben, Tschechen und Russen teil, was auf einem alten Foto zu sehen ist."
Die bulgarischen Vereine maßen meist auf nationalen Turnfesten ihre Kräfte. Zuweilen aber auch in Venedig, Prag und anderen Städten. In Bulgarien fanden dieser Sportfeste vorrangig im Junak-Stadion in Sofia statt, dem heutigen Wassil-Lewski-Stadion. Nur wenig bekannt ist, dass eine fünfköpfige Delegation des Sofioter Junak-Vereins auf jenem Kongress war, auf dem die Austragung der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen beschlossen wurde. Der Junak-Verband der bulgarischen Turnvereine bestand 50 Jahre. Dann wurde er in den 1940er-Jahren leider von der prosowjetischen Regierung aufgelöst. Die Erinnerung an diesen bedeutsamen Verband ist jedoch nach wie vor wach – im Sportmuseum in Sofia.
Übersetzung: Christine Christov
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