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Die Einhaltung des Minsk-Abkommens könnte den Konflikt in der Ukraine lösen

Dimitar Betschew und Marin Lessenski
Foto: БГНЕС/visionsforeurope.eu

Der Vorsitzende des Europäischen Rates Donald Tusk betonte die Notwendigkeit, die Vereinbarungen von Minsk für die Lösung des Konfliktes im Donezk-Becken vollständig einzuhalten und bestätigte, dass die Europäische Union auch weiterhin strikt die Einhaltung des im Februar unterzeichneten Abkommens verfolgen wird. Tusk erklärte dies beim Treffen EU-Ukraine in Kiew.

Beim ersten Gipfel dieser Art seit Beginn des Konfliktes im Osten der Ukraine war auch der Präsident der Europäischen Kommission Jean Claude Juncker anwesend, der betonte, dass das Freihandelsabkommen mit der Ukraine nicht mehr verschoben darf und ab dem 1. Januar 2016 in Kraft treten soll. Der Ukraine wurde eine europäische Perspektive unter der Bedingung versprochen, dass das Land Fortschritte in den Reformen erreicht.

Die Situation in der Ukraine war auch Thema eines von Radio Bulgarien organisierten Rundtischgesprächs. Dabei sagte der Experte für Mittel- und Osteuropa beim führenden Beratungs- und Informationsunternehmen „Oxford Analytica“ Dimitar Betschew folgendes:

Derzeit gibt es in der Ukraine irgendwelche unrealistischen Erwartungen“, meinte der Experte. „Wahrscheinlich wird man dort von Brüssel Fortschritte in Bezug auf die Aufhebung der Visapflicht oder die Entsendung einer Friedenstruppe ins Donezkbecken fordern. Dafür gibt es in der EU aber weder die Möglichkeit, noch einen politischen Willen. Trotzdem entwickeln sich die wirtschaftlichen Beziehungen und ich denke, dass der Weg in die EU klar ist“, so Dimitar Betschew.

Die große Frage für Brüssel ist derzeit, wie das große Interesse der Ukrainer an Europa dazu eingesetzt werden kann, sie zu Reformen in Sektoren mit Schlüsselbedeutung zu motivieren, wie es zum Beispiel die mit Korruption durchsetzte Energiewirtschaft ist. Bulgarien hat auch einiges zu diesem Thema zu sagen. Leider kann die EU nicht das anbieten, was die Ukraine jetzt am dringendsten braucht – und das ist Sicherheit. Die einzige Möglichkeit in dieser Beziehung sind die Sanktionen gegen Russland. Leider sind sie erst auf längerer Sicht wirkungsvoll. Derzeit werden in Mariupol und an anderen Orten an der Trennlinie in der Ostukraine Gefechte geführt. Für die EU ist es etwas schwierig, solche Instrumente einzusetzen – und das auch noch gegen den Kreml – und so irgendwelche konkreten kurzfristigen Schritte zu erwirken. Wenn wir den ukrainischen Konflikt als eine Art Interaktion zwischen der EU und Russland sehen, dann sieht man das Problem, dass das Gegenspieler mit recht unterschiedlichen Möglichkeiten und Arten der Beschlussfassung sind. In Bezug auf die Sanktionen wird es im Sommer interessant werden, weil dann der Beschluss fallen muss, ob sie aufgehoben oder fortgesetzt werden“, so der Experte.

Die Debatten gehen wieder nach Brüssel, doch es gibt eine klare Anbindung dieses Beschlusses an die Einhaltung der Vereinbarungen von Minsk. Deutschland ist dabei der Staat mit Schlüsselbedeutung, da es in der Mitte zwischen zwei Lagern in der Union steht – zwischen den Staaten, die eine harte Position erwarten, und denjenigen, die eine Rückkehr zum Status quo wollen, wie es 2008 schon mal im Zusammenhang mit dem Konflikt in Georgien der Fall war. Derzeit nimmt Deutschland eine etwas härtere Position ein, weil sich Bundeskanzlerin Merkel, die auf Putin gesetzt hatte, sich nun von ihm verraten fühlt. Wenn die Debatten in Deutschland in die andere Richtung gehen oder wenn an der Front Ruhe einzieht, dann könnte auch in die Frage der Sanktionen wieder Bewegung kommen. Bisher sehe ich aber keinen politischen Willen für irgendeine radikale Veränderung in der Politik der Zurückhaltung, die die Europäische Union gewählt hat. Im Fall eines ernsten Zusammenstoßes in der Ostukraine könnten die Dinge zum Ausgangspunkt zurückkehren“, meint der Experte von „Oxford Analytica“ Dimitar Betschew.

Ein anderer Teilnehmer an der Diskussion – Marin Lessenski, Direktor des Programms „Europäische Politiken und Beteiligung der Bürger“ beim Institut „Open Society“ meinte, dass die offizielle Politik Bulgariens in Bezug auf den Konflikt in der Ukraine angemessen ist – trotz des Wechsels von Regierungen mit unterschiedlichen politischen Ansichten.

Meiner Meinung nach wurde der Ukraine ein Assoziierungsabkommen vorgeschlagen, weil die EU sich einen Kreis von freundlich gesinnten und stabilen Nachbarländern rundherum wünscht. Diese Politik der guten Nachbarschaft würde absolut niemanden bedrohen und Russland hätte die Vorteile einer stabilen und prosperierenden Ukraine sehen müssen. Im gleichen Zusammenhang ist der Wunsch Bulgariens zu bewerten, Serbien, Mazedonien und die anderen Balkanstaaten in der EU zu sehen, einfach weil es auch für uns gut wäre. In der Ukraine müssen einige Dinge geschehen und das erste und allerwichtigste ist die Sicherheit. Mariupol ist dabei der Test. Wenn es dort eine Offensive gibt, dann bedeutet das eine Ausweitung des Krieges. Dann würde die gesamte Südfront – vom Gebiet nördlich der Krim bis nach Odessa – zu einer Zone der Instabilität. Die Lage muss aber stabilisiert werden. Dann müssen die Reformen in den Bereichen der Finanzstabilität und der Rechtsstaatlichkeit in Gang kommen. Es müssen die Minderheitenrechte garantiert werden, damit es keinen Anlass zu Vorwürfen gibt, dass die Rechte der Russen in der Ukraine verletzt werden oder auch der Bulgaren oder anderer Minderheiten“, so Marin Lessenski beim Rundtischgespräch von Radio Bulgarien.

Übersetzung: Petar Georgiew



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