Das Kabinett hat dem Parlament ein Paket mit Vorschlägen für Veränderungen im Rentensystem vorgelegt, das voller Kompromisse ist. Es sieht eine kleinere Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge und nicht so schwere Bedingungen für die Frührente vor als ursprünglich vorgesehen. Nach einem großen Hin und Her und Zugeständnissen auf den letzten Drücker besiegelten die Sozialpartner die Vorschläge mit einem Handschlag.
„Wir haben ein System von 20 Maßnahmen im Parlament eingebracht, die sowohl den Einnahmen- als auch den Ausgabenteil des Haushalts des Nationalen Versicherungsinstituts betreffen“, sagte der Vizepremier und Minister für Arbeit und Soziales Iwajlo Kalfin in einem Interview für Radio Bulgarien. „Dazu gehört auch die Möglichkeit, die Rentenversicherungsbeiträge nach Wunsch des Versicherten zwischen dem solidarischen und dem Kapital-Rentensystem hin und her zu bewegen, d.h., sie können zwischen dem Nationalen Versicherungsinstitut und den privaten Rentenfonds wählen und das nicht nur einmal, sondern so oft, wie sie möchten. Die sichtbarste Veränderung in Bezug auf die Einnahmen des Rentenversicherungssystems ist die Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge. Es war ein Kompromiss – die Arbeitgeber willigten ein, dass es eine solche Erhöhung geben muss und die Regierung gab in Bezug auf den Prozentsatz der Erhöhung nach. So werden die Rentenversicherungsbeiträge also nicht schlagartig um 4,5 Prozent steigen, sondern sie werden stufenweise um jeweils 1 Prozent in den Jahren 2017 und 2018 steigen. Die Gewerkschaften setzten ihrerseits durch, dass im Fall eines Überschusses bei den Einnahmen, dieser nicht mehr einfach in den Staatshaushalt einfließt, sondern zur Erhöhung der Renten eingesetzt wird. Was die Ausgaben anbetrifft, so ist vorgesehen, dass sich das Rentenalter bis zum Jahr 2037 langsam und allmählich erhöht. Dann sollen Frauen und Männer in der Regel mit 65 Jahren in den Ruhestand treten. Eine Erhöhung des Rentenalters gibt es auch in Bezug auf die Frührentner. Das ist ein anderer Kompromiss, denn das Frührentenalter steigt auf 55 Jahre an. Es wird ein Mindestrentenalter für die Angehörigen der Armee und der Polizei eingeführt. Diese Veränderungen werden auch so allmählich wie möglich eingeführt, damit die Leute sich an die neuen Regeln gewöhnen können."
Laut Vizepremier Iwajlo Kalfin folgen die Veränderungen der Philosophie, dass der nationale Rentenfonds autonomer wird und nicht mehr so stark von den Einnahmen im Staatshaushalt abhängt, damit die gesparten Mittel und die Einnahmenüberschüsse zu Erhöhung der niedrigsten Renten eingesetzt werden können.
„Es wird auch die Formel verändert, nach der die Höhe der Renten berechnet wird, damit sie garantiert, dass die Renten mit der Zeit auch spürbar anwachsen“, sagte Iwajlo Kalfin weiter „Wir streben an, dass das Rentensystem stabiler und vorhersehbarer wird. Diese Maßnahmen sind so konzipiert, dass man sie in den nächsten 20-25 Jahren nicht mehr zu verändern braucht und dabei ist auch vorgesehen, dass die Renten wachsen“, so der Minister.
Er erklärte weiter, dass man an zwei anderen Punkten der Rentenreform noch arbeitet. Der eine betrifft die Behindertenrenten und der andere – die privaten Rentenfonds. In letzter Zeit wird viel über Missbrauch mit den Behindertenrenten diskutiert.
„Ich glaube, in den letzten Wochen haben sich die Diskussionen darüber zur regelrechten Hysterie entwickelt und das ist nicht gut“, meint Minister Kalfin. „Ein sehr großer Teil der Menschen, die solche Renten erhalten, sind schwerbehindert. Wir werden das System verändern und versuchen, Missbrauch so weit wie möglich einzuschränken – nicht um Geld zu sparen, sondern damit die Menschen, die es am meisten brauchen, mehr Geld bekommen. Das Prinzip, das wir vor Augen haben, wird schon in den meisten europäischen Staaten angewendet: nach dem Gutachten einer Ärztekommission soll noch eine weitere medizinische und soziale Kommission eingeschaltet werden, was zum Ziel hat, dass jemand, der wegen seiner Behinderung nicht vollständig die Arbeitsfähigkeit eingebüßt hat, Hilfe erhält, damit er eine Arbeit beginnen kann. Das setzt die Anpassung und Umsetzung verschiedener Standards der Weltgesundheitsorganisation und von Erfahrungen in anderen EU-Staaten sowie die Ausbildung von Experten voraus. Es wird also noch einige Monate in Anspruch nehmen, doch wir arbeiten aktiv daran. Der andere Punkt betrifft die privaten Rentenfonds. Ich bin davon überzeugt, dass das Rentenversicherungssystem eine solche zweite Säule haben muss. Das Problem ist, dass die Ideen für Veränderungen, die wir erhalten haben, recht umfangreich sind. Allein die Vorschläge des Ausschusses für Finanzaufsicht für Gesetzesänderungen sind mehr als 70 Seiten stark. Auch dafür werden wir also noch etwas Zeit brauchen“, so der Vizepremier und Minister für Arbeit und Soziales Iwajlo Kalfin abschließend.
Übersetzung: Petar Georgiew
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