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Lobbyismus-Reglementierung soll private Interessen in der Politik aufhellen

Foto: Archiv

In der Vergangenheit sorgte der Name von Krassimir Georgiew mit dem Beinamen "der Schwarze" im Zusammenhang mit versuchter Einflussnahme und Ernennungen im Justizsystem für Schlagzeilen. Das war einer der emblematischen Skandale verbunden mit der Verflechtung privater Interessen in öffentlichen Institutionen. Es folgte eine Welle unbequemer Enthüllungen, die die Geschäfte von Machtinhabern mit einflussreichen Business-Strukturen auch aus der Schattenwirtschaft entlarvten.

Seit 5-6 Jahren wird nun nach und nach bekannt, dass hinter einem Großteil der Worte und Taten von bulgarischen Abgeordneten und Aktivisten private Interessen stehen. Das kommentierte Katja Hristowa von der Vereinigung "Transparenz ohne Grenzen" in einer Diskussionsrunde zur Erhellung des Lobbyismus.

"Unter dem Motto, der Abgeordnete vertrete die Interessen des Volkes, oder die Zivilorganisation vertrete die Meinung der Bürger, wird der Lobbyismus in eine öffentlich vertretbare Maske gehüllt", meint Katja Hristowa. "In Bulgarien gibt es bereits zahlreiche Mechanismen, die auf die Beteiligung diverser Interessengruppen an verschiedenen Konsultationsformaten ausgerichtet sind. Allerdings werden sie ausgesprochen fassadenhaft genutzt. Derartige Praktiken wirken sich verheerend auf das Vertrauen in die Behörden und die Rechtsstaatlichkeit aus. Gleichzeitig werden die Strukturen eines demokratischen Staates auf Instrumente der Oligarchie beschränkt."

Lobbyismus ist nicht reglementiert und wird auch nicht verfolgt

Rund 77% der Bulgaren haben keine Ahnung, wer für wen Lobbyarbeit betreibt. Das geht aus einer Studie der Vereinigung "Transparenz ohne Grenzen" in 19 EU-Staaten hervor. Zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, dass es in Bulgarien für Lobbyarbeit keine Regeln gibt. Am besten positioniert sich unser Land bei der Gleichstellung - 38% der Befragten sind der Meinung, dass sie den Prozess der Entscheidungsfindung beeinflussen können, auch wenn das keineswegs einfach sei. Bulgarien hat keine Strategie zur Bekämpfung von unerlaubter Einflussnahme, was bedeutet, dass der intransparente Lobbyismus drauf und dran ist, zu einem gängigen Arbeitsmodell zu werden. Das wird zudem von Daten untermauert, die belegen, dass die vom Parlament verabschiedeten Novellen zum Strafgesetzbuch, die die unerlaubte Einflussnahme unter Strafe stellen, nicht effizient angewandt werden und trotz verbreiteter Korruption im Zeitraum 2011-2013 lediglich sieben Personen wegen Machtmissbrauchs verurteilt wurden.

Chaotische Gesetzgebung

Laut Angaben des Zentrums für Rechtsinitiativen werden über die Hälfte der Gesetze innerhalb eines Jahres weder geändert noch ergänzt. Über ein Drittel der verabschiedeten Rechtsakte erweist sich als verfassungswidrig. Auch ist zu bemängeln, dass es kein Programm des Parlaments gibt, welches die interessierten Gesellschaftsgruppen über Grundrichtungen des gesetzgeberischen Prozesses informiert. Die Abgeordneten legen keine Rechenschaft ab, mit wem sie sich getroffen haben, um Änderungen und Ergänzungen des Rechtssystems zu besprechen. Und auch die politischen Parteien legen nicht offen, wie sie sich finanzieren, einschließlich Wahlkampf.

Der Ausweg – Reglementierung von Lobbyismus

Bisher wurden fünf Gesetzentwürfe zur Reglung von Lobbyarbeit erstellt, von denen jedoch kein einziger als Gesetz durchgekommen ist, ging aus der Diskussionsrunde hervor. Zu den positiven EU-Praktiken, derer sich Bulgarien bedienen könne, gehören ein Lobbyisten-Register sowie der öffentliche und zeitgemäße Zugang zu Informationen und Rechtsakten, meint Hellen Trump, Vertreterin des Sekretariats von "Transparenz ohne Grenzen".

"Zu den wichtigsten Transparenzmaßnahmen gehört die Einrichtung eines obligatorischen Lobbyisten-Registers", empfiehlt Hellen Trump. "Eng damit verbunden ist zudem die proaktive Transparenz, d.h. Verwaltung und Behörden müssen Informationen zu ihren Treffen mit Lobbyisten öffentlich machen."

"Transparenz ohne Grenzen" hat eine Liste mit 30 Lobby-Maßnahmen vorgelegt. Diese können jedoch nur bei einem effizienten Justizsystem greifen.

Übersetzung: Christine Christov



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