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Wahlkampfzeit – wenn die Kassen der Medien klingeln

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Bulgarien steckt wieder einmal in einem Wahlkampf. Diesmal sind die Wahlberechtigten aufgefordert, am 25. Oktober neue Bürgermeister und Gemeinderäte zu wählen. Gleichzeitig findet auch ein Referendum über Änderungen im Wahlgesetz statt. Die journalistische Berichterstattung in Wahlzeiten folgt eigenen Gesetzen. Der Wahlkampf wird parteiübergreifend auch in den Medien ausgetragen. Für die Medien sind die vier Wochen Wahlkampfzeit mit der Erntezeit der Bauern zu vergleichen. Es winken verlockende Angebote der Parteizentralen für das "journalistische Covering" von Wahlkampfveranstaltungen. Und so haben die Medien vier Wochen Zeit, um ihre Kassen zu füllen. Bis sich der nächste Urnengang am Horizont zeigt.

Hinter den klingelnden Kassen der Medien spielen sich allerdings unschöne Dinge ab, die in das Bild eines demokratischen EU-Landes nicht hineinpassen. Das stellte dieser Tage eine Untersuchung des Zentrums für Demokratieforschung fest und spricht von einer "tiefen Krise". "Mit Ausnahme der Hauptstadt sind kaum marktwirtschaftlich funktionierende regionale Medien anzutreffen, die insbesondere am Vorabend von Kommunalwahlen von entscheidender Bedeutung für die Meinungsbildung sind", heißt es im Bericht. Die Umfragen unter den Journalisten ergaben, dass der politische Einfluss der Kommunalverwaltungen von Wahlkampf zu Wahlkampf steigt. So versorgen die Amtsträger die Medien mit kontrollierten Informationen im richtigen Ton. Analysiert wurden 180 regionale Medien, einschließlich Onlineausgaben. Der überwiegende Teil von ihnen gibt keine Information über den Eigentümer und Herausgeber und veröffentlicht keine Werbetarife. "Das größte Problem der regionalen Medien bleibt ihre Finanzierung", heißt es weiter. Der chronische Geldmangel zwinge die Redaktionen, sich Wirtschaftsinteressen zu beugen, sprich Werbekunden. Mehr noch – es erscheinen zahlreiche PR-Berichte, die als redaktionelle Inhalte getarnt werden, obwohl sie bezahlt sind.

Diese negativen Tendenzen bleiben allerdings vom breiten Publikum nicht unbemerkt. So hält immerhin jeder Dritte in Bulgarien die hiesigen Medien für unfrei. Am schlechtesten schneiden dabei die Tageszeitungen ab. Die Leser sind empfindlich und reagieren auf interessengeleitete und wählerische Berichterstattung. Die Reaktion drückt sich darin aus, dass sie keine Zeitung mehr kaufen. Die Auflagen gehen in den Keller. Kein Wunder, dass die Wirtschaftlichkeit der Tageszeitungen in Frage gestellt wird. Viele Titel sind längst nicht mehr rentabel. Der einzige Grund, weshalb sie immer noch an den Zeitungskiosken zu finden sind, ist, dass sie anderen Interessen dienen. Wirtschaftlichen und politischen Interessen. Und das lassen sich die Blätter bezahlen. In Wahlkampfzeiten bieten zahlreiche Redaktionen die Dienstleistung "Wahlkampfberichterstattung" an.

In den letzten Jahren hat sich die Praxis, redaktionellen Raum für politische Zwecke zu verkaufen, so weit verbreitet, dass die Journalisten und das Publikum die Grenze zwischen Journalismus und Propaganda nicht mehr erkennen. Nur wenige Redaktionen leisten sich den Luxus, getarnte Wahlkampf-Berichterstattung in der Form redaktioneller Texte abzulehnen, weil sie in der Regel finanziell gar nicht gut da stehen. Die Einnahmen in den vier Wochen Wahlkampf sind für viele, meist kleine regionale Medien in Bulgarien lebensnotwendig. Sie hängen am Tropf. Das belegen auch die Zahlen. Während eines jeden Wahlkampfes der vergangenen drei Jahre machten die als redaktionelle Publikationen getarnten Wahlkampfberichte 30 bis 40 Prozent des Anzeigenanteils der Zeitungen aus. Dabei handelt es sich um den Gegenstand konkreter Verträge. Es ist also gewollt, dass die Parteipropaganda "versteckt" wird, denn so wirken die Texte glaubwürdiger. "Niemand würde sich einen Text durchlesen, wenn er von vornherein weiß, dass es sich um einen Wahlkampfbericht handelt." So die simple Begründung eines langjährigen Pressesprechers.

Das Wahlgesetz und das Rundfunkgesetz schreiben natürlich andere Normen vor. Wahlwerbung ist als solche vom redaktionellen Inhalt klar und deutlich zu trennen. Teilweise halten sich die Redaktionen daran. Und veröffentlichen darüber hinaus Berichte, für welche sie separat Geld kassieren. So schön auch die Gesetze sein mögen, das Problem besteht darin, dass sich niemand daran hält, und das betrifft nicht nur die Gesetze im Medienbereich. Noch schlimmer ist, dass auch die Leser, Zuschauer und Hörer keine Trennlinie mehr zwischen Journalismus und Parteipropaganda sehen, und auch keine Trennlinie mehr erwarten. Der Verkauf von redaktionellem Raum während des Wahlkampfes mag vielen Medien das Leben retten. Es fließt Geld rein, das sie dringend brauchen. Langfristig aber verlieren sie ihren größten Trumpf – ihre Glaubwürdigkeit.



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