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Bulgarischer Kardiologie-Doyen Prof. Mladen Grigorow: „Genießt die kleinen Dinge des Lebens!“

Foto: BNT

Mit den Jahrespreisen "National Medical Awards 2015" sollen herausragende Leistungen von Ärzten, Krankenhäusern, Kliniken und Teams im Bereich der Medizin gewürdigt werden. Den diesjährigen Ärztepreis erhielt der Doyen der bulgarischen Kardiologie Prof. Mladen Grigorow für sein herausragendes Lebenswerk.

Prof. Grigorow stand in der Vergangenheit einer Reihe von Kardiologie-Kliniken in Bulgarien vor. Voller Stolz erzählt er vom ersten Arzt in seiner Familie – von seinem Großvater, auf dessen Namen er getauft ist, und der vor über 100 Jahren im französischen Montpellier sein Medizinstudium abschloss. Den gleichen Weg ging der Vater des Professors. Auch er studierte in Frankreich Medizin – jedoch in Straßburg. Dort verliebte er sich in seine Mutter, weswegen sich Prof. Grigorow scherzhaft als "Produkt dieser Straßburger Liebe" bezeichnet. Und auch sein Sohn und sein Enkel treten in die Fußstapfen ihrer Vorfahren.

"Jede Anerkennung auf dieser Welt schmeichelt, wofür sie auch sein mag", meint Prof. Grigorow. "Gerade weil Anerkennung immer mehr zu einer Mangelware wird und das nicht nur in Bulgarien. Mit 78 Jahren und 50 Jahren Berufserfahrung ist diese Anerkennung natürlich sehr angenehm."

Prof. Grigorow ist einer der Mitbegründer der minimal invasiven Chirurgie in Bulgarien. Diese Art Eingriffe sind ein medizinischer Fortschritt, weil moderne Diagnostik und Behandlung ohne "das Herumstochern in Herz, Leber, Magen" nicht möglich sei, wie Prof. Grigorow sich scherzhaft ausdrückt. Die große Stärke der invasiven Kardiologie liege bei den Herzerkrankungen und den ständig steigenden Zahlen von Patienten, die an der ischämischen Herzkrankheit leiden, da sie hier nicht nur im Bereich der Diagnostik, sondern auch als eine Art Behandlung zum Einsatz kommt. Dr. Grigorow ist einer der ersten Spezialisten in Bulgarien, die Herzkatheter-Untersuchungen durchführen. Sind die Bulgaren kränker als andere europäische Völker, wollten wir von ihm wissen:

"Ich persönlich bin der Ansicht, dass wir nicht kränker sind als der Durchschnitteuropäer", meint Prof. Grigorow. "Genetisch gesehen sind wir offensichtlich ein gesundes Volk. Die WHO definiert Gesundheit jedoch als körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden. Unsere körperliche Gesundheit liegt durchaus im europäischen Durchschnitt. Das kann man vom sozialen Wohlbefinden und dem darauf basierenden psychischen Gleichgewicht wohl eher nicht sagen. Dieses Problem haben aber auch andere Länder. Jüngst veröffentliche Daten belegen, dass es einer Milliarden Menschen auf der Erde gut oder relativ gut und sechs Milliarden Menschen schlecht oder sehr schlecht geht. Auch hat sich herausgestellt, dass ein Prozent der Menschheit die Hälfte der Finanzressourcen unseres Planeten besitzt. Diese ständig wachsende Kluft führt zu steigendem Krankenstand und bringt soziale und politischen Probleme hervor, die beispielsweise mit der derzeitigen Flüchtlingswelle aufkommen. 67% der Sterblichkeit in Bulgarien sind auf Gefäßerkrankungen zurückzuführen, wogegen dieser Anteil in den USA und in den restlichen gut entwickelten europäischen Ländern unter 50% liegt. Diese 20% Unterschied sind keinesfalls ein Pappenstiel.... Das Problem liegt u.a. in mangelnder Prophylaxe, im großen Wirrwarr bei der ambulanten Betreuung, im ununterbrochenen Hinundherschieben von Patienten sowie im Abzapfen von Finanzressourcen aus der gesetzlichen Krankenkasse. Das Gesundheitswesen eines Staates lässt sich an zwei Faktoren beurteilen – an der Sterberate und der Zahl der Hospitalisierungen. Eine hohe Sterberate und steigende Hospitalisierungszahlen haben nichts mit Reformen im Gesundheitswesen zu tun. Gesundheitsreform bedeutet an erster Stelle Prophylaxe und ambulante Betreuung als auch eine elementare Gesundheitskultur unter der bulgarischen Bevölkerung", ist Prof. Grigorow überzeugt.

Auch uns gab Prof. Grigorow mehrere Ratschläge mit auf den Weg – mehr Bewegung, mehr Treppen steigen und auf den Fahrstuhl verzichten. Und, wir sollten uns gut überlegen, was wir den Menschen nach uns hinterlassen. In diesem Zusammenhang zitiert der Professor einen Ausspruch des Versdichters Ovid – "Erinnere dich an das, was du hast!", den er sehr schätzt. Uns empfiehlt er, uns mehr an den kleinen Dinge des Lebens zu erfreuen. Denn genau das baue den Stress ab, der die Menschheit zugrunde richtet.

Übersetzung: Christine Christov



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