Während man einer Lösung um die Polizeiproteste gegen die für 2016 geplanten Kürzungen diverser Geld- und Sachprivilegien der Beamten im Innenministerium harrt, sieht es ganz danach aus, als ob die Regierung die Eröffnung einer zweiten Front im Blick hat – gegen die Privilegien im Justizsystem. Justizminister Hristo Iwanow hat sich auf das Schlachtfeld begeben, denn er hat vor zwei Tagen an den Obersten Justizrat appelliert, die Sozialboni im Justizsystem zu überdenken. Wie im Innenministerium geht es auch hier u.a. um die obligatorischen Abfindungen in Höhe von 20 Monatsgehältern bei der Pensionierung. Dabei argumentierte Iwanow, diese Boni hätten leider nichts mit der Arbeitsqualität zu tun und würden lediglich die Dienstjahre fördern. Dieses Modell habe längst ausgedient, so das Fazit des Justizministers.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Der Vorsitzende des Obersten Justizrates Georgi Kolew erklärte entschieden für die Beibehaltung der gängigen Abfindungspraxis und brachte in diesem Zusammenhang ein schlüssiges Argument vor. Der Personalbestand von Polizei und Justiz sei nicht zu vergleichen. Der Anwaltsverband drückte sich etwas härter aus. In seiner Stellungnahme heißt es, die geplante Bonikürzung ´zeuge von einem totalen Defizit an Strategiedenken und staatsmännischer Verantwortung.“
Wenn die Regierung zwei Fronten in neuralgischen Bereichen des Staates eröffnet, dann hat sich offenbar noch etwas in der Hinterhand. Die protestierenden Polizeibeamten sind aus zwei Gründen anfechtbar. Zum einen, weil sie einfach aus dem Bauch heraus und ohne jegliche Vorwarnung Hauptkreuzungen in den Großstädten blockierten und damit einen Großteil der Bevölkerung gegen sich aufgebracht haben. Und zum anderen, weil sie als Ordnungshüter des Innenministeriums strengen zentralisierten Strukturen untergeordnet und weisungsgebunden sind. Wer den Anordnungen nicht folgt, muss mit Disziplinarmaßnahmen rechnen, einschließlich Entlassung, bei welcher sich die gehegten Ansprüche auf 20 Gehälter Abfindung in Luft auflösen würden. Auch die Behauptung der Gewerkschaftsbosse, eine Kürzung der Geldboni würde massenhaft Kündigungen im Innenministerium nach sich ziehen, klingt wenig glaubhaft. Und selbst wenn, wo würden denn all diese Leute dann unterkommen wollen? In den privaten Sicherheitsunternehmen müssten sie sich mit deutlich weniger Geld zufrieden geben. Beobachter gehen davon aus, dass die Regierung den Polizeiprotest nach anfänglichen Schrecksekunden in den Griff bekommen wird.
Ganz anders sieht es im unabhängigen Justizsystem aus. Hier werden keine Anordnungen befolgt. Aufgrund ihrer Berufsethik und ihres Bildungsstands würden Richter, Anwälte und Ermittler nie zu derartig primären Protestformen greifen. Und damit keinerlei Angriffsfläche bieten. Auch der Justizminister geht behutsam und mit Samthandschuhen vor. Er setzt auf Pragmatismus. „Es ist für mich sehr positiv, dass im Obersten Justizrat das gesamte Paket aus Anreizen und Effizienzmaßnahmen zur Diskussion steht. Im Rahmen des nächsten Jahres können wir diese Diskussion führen“, kommentierte Minister Iwanow. Bis Ende 2016 fließt jedoch noch viel Wasser den Berg runter!
Übersetzung: Christine Christov
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