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Das weiß doch jedes Kind: Never change a winning team*

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Der Bildungsminister bezeichnete sie als die "fortschrittlichste Bildungsreform" seit der Befreiung Bulgariens von den Osmanen. Damit antworte man auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Wirtschaft, die seit Jahren über mangelnde und schlecht ausgebildete Fachkräfte klagt. Doch, die "fortschrittlichste Bildungsreform" erntete in dieser Woche so viel Kritik, dass die Regierung sehr wahrscheinlich zurückrudern wird. Binnen weniger Tage sind mehr als 250 kritische Briefe besorgter Eltern und Lehrer beim Bildungsminister eingegangen. Eine Petition gegen seine Reform vereinte kurzerhand mehr als 1500 Unterschriften. Protestiert wird einerseits gegen das beabsichtigte klammheimliche Durchwinken der Schulreform, und andererseits gegen die konkreten Absichten, den Fremdsprachenunterricht am Gymnasium auf ein Minimum zu reduzieren.

1950 wurde das erste Fremdsprachengymnasium in Bulgarien eröffnet. Das in der Tat fortschrittliche Modell des intensiven Sprachunterrichts ist ein Markenzeichen für Bulgarien. Das System hat sich über Jahrzehnte bewährt – an diesen Gymnasien findet der Unterricht nach der achten Klasse fast ausschließlich in der jeweiligen Fremdsprache statt. Zunächst waren es Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch, später kamen Italienisch und Spanisch hinzu, und seit geraumer Zeit gibt es Gymnasien, die auch exotische Sprachen anbieten, wie Japanisch, Koreanisch, Arabisch und Chinesisch. Nach einem intensiven Sprachjahr, wenn man in der achten Klasse de facto nur die jeweilige Fremdsprache erlernt, folgen vier Gymnasialjahre mit Fremdsprachenunterricht in den Grundfächern Geschichte, Erdkunde, Chemie, Physik und Biologie. Die Schützlinge der Fremdsprachengymnasien in Bulgarien sind grundsätzlich geschätzte Studenten an Eliteuniversitäten im In- und Ausland. Die Aufnahmeprüfungen für diese Gymnasien sind anspruchsvoll und deshalb gelten sie auch als eine Art Eliteschulen.

Damit soll nun vorbei sein. Anders ist der Vorstoß des Bildungsministers nicht zu deuten, denn er will, dass der Fremdsprachenunterricht an den Sprachgymnasien halbiert wird. Warum, wurde in mehreren Pressekonferenzen nicht deutlich. Mehr noch – in beiden letzten Gymnasialklassen gehen die Unterrichtsstunden in Grundfächern, wie Geschichte, Erdkunde, Physik, Chemie und Biologie drastisch nach unten. Vermutlich soll durch die an ihrer Stelle eingeführten Wahlfächer eine Profilierung ermöglichst werden. Doch, diese hat ja bereits in der achten Klasse stattgefunden. Wer Fremdsprachen lernen will, hat sich um die Aufnahme in ein Sprachgymnasium beworben. Warum soll er drei Jahre später noch einmal wechseln?

Besonders drastisch und unüberlegt sieht es bei den Fremdsprachen aus. Nach einem intensiven Jahr in der achten Klasse verzichtet das Bildungsministerium leichter Hand auf diese Investition. Denn mit nur zwei Unterrichtsstunden in der Woche kann keine Fremdsprache gründlich gelernt und gepflegt werden, sind sich die besorgten Eltern und Lehrer einig, die eine entsprechende Unterschriftensammlung unterstützt haben. Mehr noch – wegen des gekürzten Sprachunterrichts werden die Schulabgänger die Mindestanforderungen ausländischer Universitäten nicht mehr erfüllen können. Damit begrenzt die "Reform" die freie Wahl der Abiturienten bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung. Unklar bleibt, warum das Bildungsministerium das bisher gültige Ziel des Sprachdiploms C1 auf B2 herabsetzt. Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen bietet europaweit gültige Abschlüsse in Form von Sprachdiplomen, die die Mobilität der Lernenden fördern. Von dem jetzigen Niveau C1, das für "kompetente Sprachverwendung mit fortgeschrittenen Kenntnissen" steht, begnügt sich das Bildungsministerium künftig mit dem B2 Niveau der "guten Mittelstufe der selbstständigen Sprachverwendung".

Manch einer würde sagen, das Bildungsministerium wolle mit seiner "fortschrittlichsten Bildungsreform" die Fremdsprachengymnasien abschaffen. Warum bleibt dann aber das intensive Sprachjahr in der achten Klasse? Viel mehr sieht es danach aus, dass im Bildungsministerium unkompetente praxisfremde Beamte sitzen, die undurchdachte Änderungen vorschlagen, um Reformwillen vorzutäuschen. Wie in so vielen anderen Bereichen fehlt wohl auch im Bildungsministerium ein Konzept, wohin man in Zukunft hinsteuern will.

*Halte am Bewährtem fest



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