Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Bulgarien verschärft seinen politischen Kurs in der Flüchtlingsfrage

БНР Новини
Foto: BTA

Bulgariens Außenminister Daniel Mitow hat auf der EU-Außenministertagung in Brüssel vereinte Bemühungen aller Europäer gefordert, um der Konflikte zu lösen, die zu der blutigen Anschlagserie in Paris geführt haben. Aus den Äußerungen des bulgarischen Chefdiplomaten ist zu schließen, dass Sofia seinen politischen Kurs in der Flüchtlingsfrage verschärfen will.

Bulgarien nehme, gemessen an seiner Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl, viele Flüchtlinge auf und es sei absurd, über eine Erhöhung der Flüchtlingsquote zu sprechen. Daniel Mitow ließ seine Amtskollegen in Brüssel wissen, dass das Land keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wolle. Dabei handelt es sich nicht um einen Kurswechsel, sondern um die Festhaltung an einer Politik, die Ministerpräsident Borissow beim jüngsten Sondergipfel auf Malta bereits angekündigt hat: um die Migrationsströme nach Europa einzudämmen, muss man als aller erstes die Grenzen der EU schließen. Es sind zuerst die Flüchtlinge zu versorgen, die bereits in Europa untergekommen sind, und erst danach könne man über neue nachdenken.

Auf der Außenministertagung in Brüssel forderte nun der bulgarische Außenamtschef die beschleunigte Sicherung der EU-Außengrenzen und die Abschiebung jener Migranten, die kein Asyl bekommen. Dabei geht es unter anderem auch um Rückführungsvereinbarungen mit den Ursprungsländern, die noch nicht abgeschlossen worden sind. Bulgarien fordert jedoch, dass Ländern, wie der Türkei, geholfen werden muss, denn sie hat bereits mehr als zwei Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufgenommen.

Bulgarien hat schon immer darauf bestanden, dass man die Ursachen für die militärischen Konflikte bekämpfen muss. Dazu gehört auch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat. „Unsere bisherigen Aktionen gegen diese Terroristenorganisation sind ganz offensichtlich ineffektiv und es scheint, dass wir uns auf einen Bodeneinsatz einstellen müssen. Die Frage ist, welche Länder sich daran anschließen werden“, kommentierte Daniel Mitow. Er sprach sich für eine große Antiterrorkoalition mit den Ländern aus der Region aus.

Darüber hinaus haben die jüngsten Terroranschläge in Paris ein Problem wieder ans Tageslicht geführt, das lange anschwellt: die Verbreitung des radikalen Islams, der für die bulgarischen Moslems nicht typisch ist, für welchen aber die sozial schwachen Bevölkerungsschichten anfällig zu sein scheinen. Es liegen keine Angaben über Zellen des Islamischen Staats in Bulgarien, doch Sicherheitsexperten warnen seit langem, dass die radikalen Prediger Anhänger der IS-Miliz sind. Die Aufnahme der radikalen Predigt ins Strafgesetzbuch wurde noch lange vor dem Terrorakt auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo gefordert. Erst jetzt aber veröffentlichte die Regierung in Sofia eine „Strategie zur Bekämpfung der Radikalisierung und des Terrorismus“. Darin wird als Ziel formuliert, die Radikalisierung unter bestimmten Bevölkerungsschichten vorzubeugen und die Verbreitung von Hasspredigten nicht zuzulassen. Die Anwerbung von Mitgliedern von Terrororganisationen und terroristische Tätigkeit als Ganzes sollen strafrechtlich verfolgt werden.

Die Absichten der Regierung in Sofia, den Migrationsstrom nach Bulgarien und Europa einzudämmen, werden von der Bevölkerung sicherlich gut aufgenommen. Damit steht Bulgarien nicht allein da – in vielen europäischen Ländern beobachtet man eine Kehrtwende in der Flüchtlingsfrage.

Übersetzung: Vessela Vladkova



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Der Wahlkampf zu den Europawahlen in Bulgarien im Schatten einer weiteren vorgezogenen Parlamentswahl

Bulgarien wählt am Sonntag, den 9. Juni, das 50. Parlament des Landes. Es sind die sechsten vorgezogenen Parlamentswahlen innerhalb von zweieinhalb Jahren. Dieses Mal fallen sie mit der Wahl des neuen Europäischen Parlaments zusammen, für das Bulgarien..

veröffentlicht am 06.06.24 um 12:10

Blickpunkt Balkan

Griechenland identifiziert 83 Jahre später 18 NS-Opfer Achtzehn Zivilisten, die während des Zweiten Weltkriegs auf der griechischen Insel Kreta hingerichtet wurden, konnten 83 Jahre später durch DNA-Analysen im Labor für Paläogenomik und..

veröffentlicht am 31.05.24 um 12:48
Erzbischof Stefan

Blickpunkt Balkan

Die mazedonisch-orthodoxe Kirche steckt im Streit um den Namen Mazedonien und die Erzdiözese Ochrid fest Die mazedonisch-orthodoxe Kirche hat sich in den Streit um den Namen „Mazedonien“ eingeschaltet. Das Oberhaupt der Kirche, Erzbischof Stefan,..

veröffentlicht am 23.05.24 um 13:22