Das große Gerede um die Justizreform könnte sich als ein zweischneidiges Schwert entpuppen. Die Verfassungsänderungen, die das Parlament mittlerweile gebilligt hat, werden die Krise im Justizsystem bestimmt nicht wie von Zauberhand lösen. Die Justizreform war aber oberste Priorität für die Regierungspartner aus dem Reformblock und somit könnte die „Reform der Reformen“ in einer Sackgasse enden. Es ist nämlich äußerst bedenklich, das Koalitionsboot ins Wanken zu bringen.
Nachdem Justizminister Christo Iwanow letzte Woche seinen Rücktritt eingereicht hat und der Vorsitzende der Partei „Demokraten für ein starkes Bulgarien“ DSB dem Kabinett sein Vertrauen entzogen hat, wurde der Reformblock einem Stress-Test unterzogen. Die Vorsitzenden der fünf Parteien und die fünf Minister aus dem Reformblock haben sich beraten und für das Regierungsbündnis entschieden. Die „Demokraten für ein starkes Bulgarien“ (DSB) bleiben in Opposition, Gesundheitsminister Peter Moskow bleibt auf diesem Posten, räumt aber den Sessel als DSB-Vize-Vorsitzender.
„Der Reformblock bekräftigt seine Teilnahme an der Regierungskoalition. Die DSB hält an ihrer Position fest. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Minister aus dem Reformblock“, bekundete Najden Selenogorski in einer Sonder-Erklärung.
DSB-Chef Radan Kanew meinte seinerseits, seine Partei werde den Reformblock nicht verlassen. „Die von GERB, DPS, ABW und andere Formationen gefassten Beschlüsse untermauern den Status quo und sind reformfeindliche Beschlüsse. Wir werden uns unter keinen Umständen daran beteiligen“, ergänzte Kanew.
Sein Verhalten kommentierte der Politologe Strachil Delijski: „Wenn wir Erklärungen aus Psychologie und Verhaltensforschung beiseite lassen, sollten wir eine Erklärung in der Art suchen, wie der Reformblock ins Leben gerufen wurde“, meint Delijski. „Es gab zwei Prinzipien. Das erste – den Reformblock zu gründen, damit die Vertreter der traditionellen rechten Parteien sich nach 20jähriger Unterbrechung wieder als natürlicher Partner der GERB an der Regierung beteiligen können. Das andere Prinzip – der Reformblock wurde als politisches Bündnis konstruiert, das auf Prinzipien fußt, die als authentische rechte Prinzipien formuliert wurden und sich von jenen unterscheiden, die GERB und Premier Borissow befolgen. Irgendwann wurde klar, dass dieses Konstrukt in die Brüche geht. Es wurde klar, dass die DSB sich in der Regierungskoalition jenen Regeln gebeugt hat, die sie ursprünglich bekämpfen wollte. Herrn Kanew wurde bewusst, dass er als Politiker noch nicht reif für die Macht ist und so setzt er auf sein Entwicklungspotential auf dem Feld der Prinzipien“, meint der Politologe.
Der Reformblock fordert nun ein neues Koalitionsabkommen mit der Regierungspartei. „Für uns ist es realistischer, ein neues Koalitionsabkommen zu unterzeichnen und zu versuchen, die Maschine auszubessern, damit sie besser zugunsten der Gesellschaft arbeiten und unseren Reformerwartungen gerecht werden kann“, sagte Najden Selenogorski. „Falls jemand nach vorgezogenen Wahlen schreit, will ich ihm sagen, dass ich diesen Film bereits zur Genüge kenne und weiß, wie er endet. Und das Ende ist, dass keine einzige der politischen Formationen aus der fragmentierten Rechte ins neue Parlament einziehen wird und GERB voraussichtlich eine selbständige Mehrheit haben wird“, betonte Selenogorski.
„Beim Reformblock kann nur schwer von einem einheitlichen politischen Subjekt die Rede sein“, kommentiert Strachil Delijski. „Für jene, die Wert auf eine Teilnahme an der Regierung legen, sind zusätzliche, vor allem auf das Publikum ausgerichtete Zeichen nötig, dass sie Teil dieser Führung sind. Sie suchen nach einer politischen Initiative, um sich selbst als Antriebskraft zu präsentieren, politisches Gewicht zu erlangen und ihren Wählern zu vermitteln, ihre Teilnahme an der Führung sei höheren Zeilen untergeordnet. Da die Wähler aber äußerst enttäuscht von den Politikern sind, wird das kaum funktionieren. Zudem werden sie von GERB nicht als wichtiger Schlüsselpartner angesehen“, ist der Politologe überzeugt.
Mit Ausnahme der Abgeordneten aus der BSP haben insgesamt 189 Volksvertreter aus allen Parlamentsgruppen für die jüngsten Verfassungsänderungen gestimmt. Die Oppositionellen aus dem Reformblock haben das Votum boykottiert. Ob nun aus diesem oder aus einem anderen Beweggrund hat Premier Borissow den restlichen 12 Vertretern des Reformblocks, die ihm die Treue halten, zu verstehen gegeben, dass er nicht gegen eine Neuformulierung des Koalitionsabkommens einzuwenden hätte, in der keine Verfassungsänderungen vorgesehen sind.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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