Letzten Sonntag hat der Sozialist Georgi Kadiew, der vor einigen Monaten aus der BSP ausgeschlossen wurde, die Gründung einer neuen Partei bekannt gegeben. Nach der „Bewegung 21“ von Tatjana Dontschewa und der ABW-Partei von Ex-BSP-Parteichef Georgi Pawranow wäre das die dritte Formation seit 2010, die sich von der BSP abspaltet.
Die Nachricht von einem neuen Subjekt im linken politischen Spektrum wäre vielleicht unbemerkt geblieben, hätte der frühere Vorsitzende der Türkenpartei DPS Lütvi Mestan nicht kurz zuvor ebenfalls die Schaffung einer neuen politischen Formation verkündet. Mestan, der nach einer scharfen Konfrontation mit dem Ehrenvorsitzenden der DPS Achmed Dogan seines Posten enthoben wurde, will sein Projekt „Demokraten für Verantwortung, Solidarität und Toleranz“ nennen, abgekürzt (DOST). Das Kürzel DOST bedeutet „Freund“ auf Türkisch. Mestan macht aber keinen Hehl daraus, dass er Dogan nicht leiden kann. Sein Projekt würde eine „reale liberale Partei“ sein, unterstützt von jenen, die mit Dogans Thesen nicht einverstanden wären und sich von der DPS nicht repräsentiert fühlten, so Mestan. Somit werden künftig drei liberale Parteien um die Gunst der türkischsprachigen Wähler in Bulgarien buhlen: Die Mutterpartei „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ (DPS), die derzeit in Opposition ist; die liberale Zentrumspartei von Kasim Dal, die im Rahmen des Reformblocks an der jetzigen Regierung beteiligt ist, und die angekündigte DOST-Partei von Mestan.
Die Spaltung der DPS sorgt nicht nur unter den türkischsprachigen Wählern in Bulgarien, sondern auch unter den zahlreichen ethnischen Türken, die in die Türkei ausgewandert sind, für Verwirrung. Die Regierenden in der Türkei scheinen der DPS keine Sympathie entgegenzubringen, erinnern wir uns an das von der Ankara weder offiziell bestätigte noch negierte Einreiseverbot, mit dem sie den Ehrenvorsitzenden der DPS Achmed Dogan belegt hat. Doch auch Ankara trifft bei Dogan auf wenig Gegenliebe. Nach der Spaltung der DPS weilte er an der Spitze einer Delegation in der Türkei und hat dort Gespräche mit der oppositionellen Republikanischen Volkspartei geführt. So diskret diese Sympathien und Antipathien auch gehalten werden, spiegeln sie doch in hohem Maße die offiziellen Beziehungen zur Türkei wider.
In den letzten Tagen ist es nicht zu einer Aussprache innerhalb des rechten Reformblocks gekommen, mit der man eigentlich gerechnet hatte. Der aus fünf politischen Kräften bestehende Reformblock befindet sich in einer extrem ungewöhnlichen und prekären Lage. Vier seiner Kleinparteien unterstützen die Regierung, während die fünfte – die Demokraten für ein starkes Bulgarien (DSB) von Radan Kanew, in Opposition getreten ist. Zu einer Aktualisierung des Koalitionsabkommens und einer Konsolidierung ist es bislang nicht gekommen, so dass die DSB sich momentan sowohl abseits der Regierungspartei GERB als auch der Opposition in der Gestalt der BSP und DPS hält.
Die Lösung des Problems wurde auf Mai-Juni vertagt. Bis dahin sollen die Formationen im Reformblock eine neue Koalitionsvereinbarung ausarbeiten. Danach soll der Reformblock auf einem Kongress in eine politische Konföderation mit maximal selbständigen Parteien, aber einheitlicher Parteiführung umtransformiert werden. Nach diesem Kongress werden die Parteien aus dem Reformblock eine neue Koalitionsvereinbarung unterzeichnen, um gemeinsam zu den Präsidentschaftswahlen anzutreten. Es gibt auch Ideen über eine Ausweitung der Koalition. Auch diesbezüglich scheint es aber eher zu einer Spaltung als zu einer Konsolidierung zu kommen.
Somit sind die Parteien in Bulgarien mittlerweile über 400 an der Zahl. Wenn wir uns unsere Politiker ansehen, schwant uns, dass sie nicht so sehr Ideen, sondern vielmehr Führerambitionen verfolgen. Vor dem Hintergrund wachsenden Desinteresses von Seiten der Wähler zeichnet sich ein Bild mit „viel Häuptlingen und wenig Indianern“ ab. Selbst Kenner haben es nicht einfach, dieses politische Knäuel zu entwirren, und davon profitieren nur die großen Parteien in der Frontlinie.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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