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Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

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Foto: EPA / BGNES

Am Wochenende hat ein 26jähriger bulgarischer Sportler den höchsten Gipfel in seiner Sportart erklommen – Radoslav Yankov aus dem kleinen Tschepelare in den Rhodopen hat den Gesamtweltcup bei den alpinen Snowboardern gewonnen. Die große Kristallkugel ist im Skisport mehr wert, als ein Weltmeistertitel, denn sie zeichnet jene Rennläufer aus, die die gesamte Saison lang konstant die besten waren. Und in den Paralleldisziplinen in diesem Jahr war es Radoslav Yankov.

Der für einen Snowboarder groß gewachsene Yankov ist aber ziemlich allein auf seinem sportlichen Olymp. Er ist quasi eine Ein-Mann-Nationalmannschaft, reist nur mit seinem persönlichen Trainer Georgi Atanassow um die Welt und trainiert mit den Mannschaften anderer Nationen im Ausland, weil es in Bulgarien keine geeigneten Pisten gibt. Der Weltcup-Gesamtsieger ist ein Einzelkämpfer, aber nicht, weil er es so gewollt hat. Er ist eben ein typischer Vertreter des bulgarischen Leistungssports, der es nicht schafft, für Nachwuchs zu sorgen.

Die Einzelkämpfer des bulgarischen Sports

Peter Popangelov beim olympischen Slalom in Sarajevo 1984Man muss nicht lange nach Beispielen suchen. Im Snowboard hat Bulgarien noch ein Eisen im Feuer – Alexandra Jekova gehört zur Weltspitze, und auch sie baute ihre Karriere mit ihrem Vater als Trainer im Alleingang auf. Weiter zurück in der bulgarischen Skigeschichte erinnern wir uns an Peter Popangelov, der es als einziger Bulgare in den 1980er Jahren immer wieder auf den Podest bei Weltcuprennen geschafft hat. Der Slalomläufer wurde immer dann auf Händen getragen, wenn er gepunktet hat und von der Kritik zerrissen, wenn er mal ausgeschieden ist. Auch er war ein Ausnahmeathlet, trainiert vom eigenen Vater. Gern wird vergessen, dass der Skiort Borovets seinen Aufschwung einzig und allein Peter Popangelov zu verdanken hat. Wären seine Erfolge im Weltcup nicht, hätte es in Borovets nie und nimmer Weltcupläufe gegeben, die den Skiort schließlich zur beliebten Destination für Urlauber aus der ganzen Welt verholfen haben. Nicht einmal dieser Ausnahmeathlet konnte eine Antriebskraft werden, um junge Skifahrer in seine Fußstapfen treten zu lassen. Popangelov war und blieb ein Einzelkämpfer.

Diese Liste lässt sich auch im Tennis fortsetzen. Popangelovs Schicksal teilen auch die Tennisschwestern Maleev. Die älteste, Manuela Maleeva, hat vier WTA-Turniersiege und schaffte es im Februar 1985 auf Platz 3 der Weltrangliste. Ihre jüngeren Schwestern Katherina und Magdalena gehörten zur Top Ten des Damentennis. Die Erfolge der drei sind auf den Ehrgeiz ihrer Trainerin-Mutter zurückzuführen. Ähnlich ist auch die Erfolgsgeschichte von Grigor Dimitrov, der heute zur Weltklasse im Tennis zählt. Das könnte die Story auch von Steffi Graf sein. Der Unterschied ist, dass Steffi Graf und Boris Becker eine wahre Tenniseuphorie in Deutschland ausgelöst haben und den Weg für viele erfolgreiche Tennisspielerinnen und –spieler ebneten. Nicht so in Bulgarien, wo

Das Gesamtkonzept fehlt

Die bulgarischen Leistungssportler können nicht anders sein, als die Bulgaren allgemein. Wir sind geborene Schwarzseher, immer misstrauisch und oft neidisch. Dazu noch fehlt es uns an Organisationstalent für eine langfristige Planung. Das zeichnet übrigens nicht nur den Sport aus. Bis auf die rhythmische Sportgymnastik, wo Bulgarien es geschafft hat, an die Erfolge der mehrmaligen Weltmeisterinnen Iliana Raewa, Lilly Ignatowa und Maria Petrowa anzuknüpfen, sieht es mit dem Nachwuchs im Hochleistungssport schlecht aus. Die banale Begründung wäre Geldmangel. Und würde auch zutreffen, das Thema aber nicht ausschöpfen.

Zu sozialistischer Zeit war der Sport Staatspolitik, es floss viel Geld in die Sportverbände, denn die Staats- und Parteiführung rechtfertigte sich auch durch die Medaillen der Topathleten. Heute haben wir nicht einmal ein vernünftiges Sportgesetz. In einem Land, wo es keine Steuererleichterungen für Sponsoring gibt, kann es keinen Erfolg im Hochleistungssport geben. Und die Kontinuität ist in all den schwierigen Jahren nach der Wende verloren gegangen. Der Sport ist in all den Nachwendejahren vernachlässigt worden, und zwar nicht nur im Hochleistungsbereich, sondern auch der Massensport. Er hat schon vor Jahren den Leergang eingeschaltet und die Ergebnisse davon liegen auf der Hand – die Medaillen bleiben kontinuierlich aus. Sportfunktionäre behaupten, der talentierte Nachwuchs sei da, bloß die ausgebildeten Trainer sind ausgewandert. Frühere bulgarische Hochleistungssportler machen heutzutage eine erfolgreiche Karriere als Trainer in Westeuropa und den USA im Volleyball, Turnen, Gewichtheben und gar Fußball. Wir haben in vielen Sportarten Traditionen und Erfolge. Dass der Leistungssport heute in der Krise steckt, kann nicht damit erklärt werden, dass Bulgarien ein kleines Land ist und das Potential nicht hätte. Es wäre zu einfach. Bulgarien muss nicht weltführend sein, aber es gibt durchaus Sportarten, wo wir zur Weltspitze gehören können.

Das Chaos, in dem wir leben

wirkt sich unweigerlich auch auf den Sport aus. Der Grund ist nicht im Generationswechsel zu suchen, denn talentierte Kinder gab es und wird es immer geben. Die Trainer und Sportmanager sind nicht da. Und dennoch, um nicht ganz pessimistisch zu sein – für ein so kleines Land, wie Bulgarien, das gerade mal sieben Millionen Einwohner hat, und davon knapp ein Viertel Rentner sind, sind die Einzelkämpfer und Ausnahmeathleten in der Weltspitze ein absoluter Erfolg, auf den man berechtigt stolz sein kann.



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