Die Briefkastenfirmen waren schon immer ein Thema in Bulgarien. Viele vermuten, dass eben mithilfe solcher Firmen die kommunistischen Kapitalien noch vor der Wende beiseite geschafft wurden. Und die Millionen aus dem Drogengeschäft wurden auch schon vor 1989 in Steueroasen reingewaschen. Davon ist jeder durchschnittliche Bürger in Bulgarien überzeugt, bewiesen ist aber nichts, und auch auf der Anklagebank saß noch keiner. Das Parlament in Sofia bereitet Novellen im bestehenden Offshore-Gesetz vor, will aber auch die Empfehlungen aus Brüssel abwarten. Ob die geplanten strengeren Bestimmungen aber auch zu Gerichtsurteilen führen werden, ist zu bezweifeln.
Per Definition sollen Gesetze dem öffentlichen Interesse dienen. Spätestens seit der Veröffentlichung der PanamaPapers ist aber klar, dass nicht nur Bulgarien, sondern die EU ein neues Regelwerk braucht. Dimiter Tanew, stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses im bulgarischen Parlament vom Juniorpartner in der Regierungskoalition, dem Reformblock, sieht Lücken im geltenden Recht.
„Im bestehenden bulgarischen Offshore-Gesetz sind z.B. keine Sanktionen vorgesehen“, sagt Dimiter Tanew. „Es freut mich, dass Bulgarien noch vor der Veröffentlichung der PanamaPapers das Offshore-Gesetz ändern wollte. Nun haben wir unsere Gesetzesvorlage aber zurückgezogen, um die Beratungen auf EU-Ebene abzuwarten“, sagt der Reformblock-Politiker.
Einzelne EU-Länder haben im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung ein Strafbefreiungserklärungsgesetz verabschiedet, besser bekannt als Steueramnestie. Diese Idee stand auch in Bulgarien zur Debatte. Dimiter Tanew hat allerdings Bedenken.
„Meiner Meinung nach wird die Steueramnestie in Bulgarien nicht greifen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Parlament. „Der Reformblock hat sich trotzdem an den Finanzminister gewandt, um herauszufinden, welche Einnahmen wir für die Staatskasse erwarten dürfen, sollten wir uns doch noch für eine Steueramnestie entscheiden. Diese Maßnahme würde aber nicht greifen, denn Bulgarien hat weniger ein Problem mit der Steuervermeidung, als mit der Anonymität, bzw. mit der Herkunft von Kapitalien in Steueroasen. Die Steuern in Bulgarien sind niedrig – ich will nur die Körperschaftssteuer von 10 Prozent nennen. Was übrig bleibt, wären Geldflüsse aus kriminellen Geschäften, und sie verdienen erst recht keine Amnestie“, sagt Dimiter Tanew.
Unterdessen hat Bulgariens Finanzminister Wladislaw Goranow angekündigt, das Finanzamt beginne mit der Prüfung der in den PanamaPapers veröffentlichten Namen bulgarischer Staatsbürger. Ziel sei zunächst der Steuernachweis. Goranow hörte sich aber grundsätzlich kritisch an, als er sagte, wer auch immer eine Steueroase aufsucht und eine Briefkastenfirma gründen lässt, habe etwas zu verstecken. Und genau dies sei zu untersuchen. Der Finanzminister erklärte weiter, auch die bulgarische Regierung habe die Unterlagen von der Süddeutschen Zeitung gefordert. Bekanntlich werden die Journalisten aber damit nicht rausrücken. Also wird Bulgarien, wie auch alle anderen Länder, den Misthaufen im Alleingang aufräumen müssen. Dimiter Tanew kommentiert:
„Man kann nicht erwarten, dass ein Problem, das Jahrzehnte lang entstanden ist, von heute auf morgen aus der Welt geschafft wird“, sagt der Reformblock-Politiker. „Die Offshore-Zonen sind entstanden, um die Wirtschaft in bestimmten Regionen anzukurbeln. Mit der Zeit arteten sie in Krebsgeschwülsten aus, und heute haben wir alle mit den Folgen zu kämpfen“, so Dimiter Tanew.
Zu den Folgen zählt auch die Machtlosigkeit der Steuerfahnder. Die Behörden haben bereits bei früheren journalistischen Enthüllungen keine gute Figur gemacht: sie hatten die Informationen, die auch Journalisten recherchiert hatten, unternahmen aber nichts. Deshalb erwarten die Bulgaren auch nicht, dass bulgarische Politiker mit Briefkastenfirmen in den Steueroasen dieser Welt aufgedeckt und juristisch verfolgt werden.
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