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Schengen – Zuckerbrot oder Peitsche?

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Foto: EPA / BGNES

Nach Meinung der Europäischen Kommission haben Bulgarien und Rumänien die Kriterien für den Schengen-Beitritt erfüllt. „Unserer Ansicht nach sind Bulgarien und Rumänien bereit für den Schengen-Beitritt. Nun muss der Entscheid über den Beitritt der beiden Länder einstimmig von den Mitgliedstaaten gefällt werden“, sagte Kommissionssprecherin Mina Andreewa. Ihre Worte wurden von den Medien aufgegriffen. Ob dies aber tatsächlich eine Nachricht ist oder viel eher ein Déjà-vu?

Ende 2013 sah sich der damalige Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso gezwungen bekannt zu geben, dass Bulgarien und Rumänien nicht ab dem 1. Januar 2014 in den Schengenraum als Vollmitglied aufgenommen werden können, weil ihr Beitritt von Deutschland, Frankreich und den Niederlanden blockiert wird. Auch damals lautete das offizielle Statement von Brüssel, Bulgarien und Rumänien seien bereit für den Beitritt. Allerdings wurde unsere Aufnahme in den Schengener Raum an die Fortschrittsberichte im Rahmen des Kooperations- und Überprüfungsmechanismus gebunden. Defizite im Justizwesen sowie beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität wurden zum Stolperstein auf dem Weg Bulgariens und Rumänien in die Schengenzone. Es wurden zwar gewisse Fortschritte registriert, doch reichen sie für den entscheidenden Schritt nicht aus. Immer wieder hieß es, der Kooperations- und Überprüfungsmechanismus müsse an den Schengen-Beitritt gekoppelt werden. Ja, aber die Niederlande pochen auf zwei positive Fortschrittsberichte, bevor unsere beiden Ländern in den Schengenraum dürfen – also Mission: Impossible.

De facto fürchteten sich die wohlhabenden EU-Länder vor einer eventuellen Massenmigration und die damit verbundenen schwerwiegenden Folgen für ihre sozialen Systeme.

Diverse Studien belegen allerdings, dass gerade die bulgarischen Migranten zum Großteil dem sozialen Wohlstand in der EU nicht zur Last fallen. Ganz im Gegenteil – sie arbeiten, zahlen Steuern und werden in die jeweiligen Wirtschaften integriert. Noch etwas hat sich auf den Schengen-Rebus ausgewirkt – Anfang 2014wurden die Migrationsquoten für die neuen EU-Länder aufgehoben und damit ist auch die Angst gestiegen, dass der Migrationsandrang bei Krisen und Arbeitslosigkeit wachsen und unnötige Probleme verursachen könnte.

Und dann kam tatsächlich eine Welle auf das demokratische Europa zugerollt – die Flüchtlingswelle. Wie sich herausgestellt hat, war der Alte Kontinent auf so etwas überhaupt nicht gefasst. Und plötzlich gerieten die Schengen-Prinzipien ins Wanken. Und zwar in dem  Maße, dass man auf höchster Ebene von einer Aufhebung des Schengener Abkommens zu sprechen begann, da etliche Länder die Grenzkontrollen wieder eingeführt haben. Zudem wurde klar, dass Bulgarien die EU-Außengrenzen schützt, als ob es bereits Schengenmitglied ist und somit wäre jedes Gerede von Überprüfungen und Berichten erheuchelt. Derart ist der Beitritt zum Schengenraum zum sprichwörtlichen Zuckerbrot oder Peitsche ausgeartet. Nachdem wir seit langem die Schengen-Vorgaben erfüllen, könnte es endlich passieren, dass wir doch noch in den grenzfreien Raum zugelassen werden. Nur muss der Entscheid über den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens einstimmig von den Mitgliedstaaten gefällt werden, wie Kommissionssprecherin Mina Andreewa sagte. Hoffen wir es!

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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