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Spannungen nach Präsidentenveto

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Foto: BGNES

Es herrscht Aufregung in der regierenden GERB-Partei, denn Staatspräsident Rossen Plewneliew hat sein Veto angekündigt. Er spricht sich gegen die Einschränkungen des Wahlrechts der Auslandsbulgaren aus, die die Novellen zum Wahlgesetz vorsehen.

Premierminister Bojko Borissow und die regierende GERB-Partei sehen sich nun in einer Zwickmühle und fürchten um die Stabilität der Regierung. Borissow meinte dennoch, dass er vor die Wahl zwischen Stabilität und Demokratie bzw. Menschenrechte gestellt, sich für die Menschenrechte entschieden würde. Mit dieser Einstellung stieg er in die heutigen Konsultationen mit den Parlamentsfraktionen seiner Partei und der Patriotischen Front ein, von der die umstrittenen Gesetzespassagen stammen. Die Lösung der Frage sieht schwierig, jedoch nicht kompliziert aus. Bereits in der vergangenen Woche führte die GERB-Partei Gespräche mit Vertretern von Organisationen der Auslandsbulgaren, bei denen sie sich gewillt zeigte, die strittigen Stellen, die die im Ausland lebenden bulgarischen Bürger bei ihrer Stimmabgabe behindern, zu revidieren. Bei den Gesprächen in dieser Woche zeigten weitere Parteien, wie ABW, die Rechte Koalition Reformblock und die Bulgarische Sozialistische Partei, die Bereitschaft, nachzugeben. Einzig die Patriotische Front stellte sich stur und kündigte an, dass sie die Regierung nicht mehr unterstützen werde, falls die betreffenden Novellen wieder entfallen sollten.

Premierminister Borissow und seine Regierung sehen sich zwar nicht gefährdet, das Staatsruder aus den Händen zu verlieren, werden aber in den sauren Apfel beißen und auf die Unterstützung der Patriotischen Front verzichten müssen, die bislang mit ihren Stimmen dem Führungskurz eine gewisse Stabilität verlieh.

Um ein Präsidentenveto abzulehnen, sind 121 Abgeordnetenstimmen notwendig. Über so viele Sitze verfügen aber die Patriotische Front und die nationalistische „Attacke“ nicht. Das Veto wird also wirksam werden. Borissow gehen jedoch die Stimmen verloren, die ihm die Parlamentsmehrheit sicherten und das bereitet ihm ernsthafte Sorgen.

Die Kontroversen zum beschnittenen Wahlrecht der Auslandsbulgaren wurden wiederum allzu dramatisch dargestellt, um die politischen Haltungen vor den Präsidentschaftswahlen, die im Herbst anstehen, abzutasten. Die Patriotische Front beschuldigte Rossen Plewneliew, er habe sein Veto eingelegt, um sich auf Teufel komm raus eine Unterstützung für ein zweites Mandat zu sichern, selbst von der Türkenpartei „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ (DPS). Diese kommentierte selbstsicher, sie sei in den Präsidentschaftswahlen stets ein Faktor gewesen, werde aber demnächst erst entscheiden, ob sie einen eigenen Kandidaten stellen und wenn nicht, wen sie unterstützen werde. Die DPS ließ sich nicht entgehen und meinte im gleichen Atemzug, Plewneliew hätte sich auch zur Frage der Wahlpflicht äußern sollen, die der Türkenpartei ein Dorn im Auge ist. Die von der DPS abgesplitterte DOST-Partei riet ihrerseits dem Premier, sich der lästigen Patrioten zu entledigen, die ihm so oft Kopfschmerzen bereiten. Die Sozialisten, die nach ihrem jüngsten Parteitag von Kornelia Ninowa angeführt werden, haben sich nicht entschieden, ob sie zusammen mit ihrer Splitterpartei ABW einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten stellen werden, kündigten jedoch einen schärferen oppositionellen Ton gegenüber von GERB an. Der der Regierungskoalition angehörende Reformblock zeigte in den Diskussionen, dass er durchaus auch einig auftreten kann. Diese Einigkeit wurde aber lediglich gegenüber den umstrittenen Wahlgesetznovellen gezeigt; hinsichtlich der Regierung ist man weiterhin zerstritten.

Nach all den Debatten zeigte sich, dass sich in innenpolitischer Sicher nichts Wesentliches ändern werde. Das politische Spektrum ist sehr breit gefächert, wobei die einzelnen Spieler nicht über die nötige Kraft verfügen, um selbständige Entscheidungen durchzubringen. Das erfordert konjunkturbedingte Zusammenschlüsse. Daher ist die politische Lage in Bulgarien nur relativ stabil und daher schwer vorhersehbar.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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