Am Donnerstag fand in London der Antikorruptionsgipfel statt. Daran beteiligten sich die Staats- und Regierungschefs aus 40 Ländern, darunter auch der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borisow. Das Forum sei präzedenzlos und versammle Staaten, die im Kampf gegen die Korruption beachtliche Fortschritte erzielt haben, verlauteten die PRs. Gastgeber des Treffens war der britische Premier David Cameron. In seiner Rede bezeichnete er die Korruption als „Geschwür im Herzen einer Reihe von Problemen“ und kündigte die Einrichtung eines Zentrums für globale Korruptionsbekämpfung in London an. Bojko Borisow versicherte, Sofia werde sich aktiv in die Tätigkeit des Zentrums einbringen.
„Erstmals habe ich so viel Selbstkritik und Entschlossenheit erlebt.“ So kommentierte der bulgarische Regierungschef die Diskussionen während des Forums. Vor Jahren habe die internationale Gemeinschaft gemeinsame Aktivitäten zur Terrorbekämpfung unternommen. Genauso müsse man nun auch gegen die globale Korruption vorgehen, vermerkte Borisow.
Im Rahmen seiner London-Visite traf sich der bulgarische Regierungschef mit dem britischen Premier David Cameron. Er machte ihn mit den Bemühungen der bulgarischen Regierung zur Bekämpfung von Schmuggel bekannt, der eng mit Korruption einhergeht. Zudem besprachen beide Spitzenpolitiker die Lage um den Flüchtlingsstrom nach Europa sowie die Spannungen zwischen der EU und der Türkei in dieser Angelegenheit.
Der London-Gipfel ist Geschichte. Er hat jedoch höchst interessante Fragen aufgeworfen, deren Antworten uns an das Sprichwort erinnern: „Haltet den Dieb, dort läuft er!“, ruft der Dieb – und hofft, so unerkannt von dannen spazieren zu können, während die Meute einem Phantom nachhetzt. Der London-Gipfel fand einen Monat nach Ausbruch des Skandals um die Panama Papers statt. Diese legen Schemata offen, nach welchen sich Konzerne und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus allen Teilen der Welt der Dienste von Offshore-Unternehmen bedienen, um Steuern zu hinterziehen. Es hat sich herausgestellt, dass der britische Premier im Besitz von Aktien an einem Offshore-Unternehmen seines Vaters gewesen ist. Zu den Steueroasen gehören auch die britischen Jungferninseln, was bedeutet, dass die britischen Überseegebiete einen Teil des globalen Korruptionsproblems generieren. In den Panama Papers figurieren u.a. auch die Namen von 200 natürlichen und juristischen Personen aus Bulgarien.
Mir erscheint die Definition, dass am Gipfel Staats- und Regierungschefs aus Ländern mit beachtlichen Erfolgen im Antikorruptionskampf teilgenommen haben, zu diplomatisch. Vielleicht sollte man treffender sagen, dass die Staatschefs einiger der korruptesten Länder der Welt nach London geladen waren. „Die Staats- und Regierungschefs mehrerer ausgesprochen korrupter Länder kommen in das Vereinigte Königreich, Nigeria und Afghanistan sind vermutlich die korruptesten Länder der Welt.“ Diese Worte entschlüpften David Cameron am Vorabend des Gipfels gegenüber Königin Elisabeth II. vor den noch laufenden Kameras und Mikrofonen der Journalisten. Das wurde dann auch auf dem Forum diskutiert. Der nigerianische Präsident MohammaduBuhari bezeichnet die Worte von Cameron als “schockierend”. Der afghanische Abgeordnete MohammadSediqi erklärte seinerseits, das Vereinigte Königreich, die USA und die internationale Gemeinschaft hätten wesentlich zur Ausbreitung der Korruption in seinem Land beigetragen. Laut jüngsten Korruptionsbericht von Transperancy International ist Bulgarien das korrupteste Land aller 28 EU-Staaten. An zweiter Stelle liegt Italien, das beim London-Gipfel von Justizminister Andrea Orlando vertreten wurde.
Wie einige Philosophen so schön sagen, Korruption gibt es, seit dem es Geld gibt. Oder mit anderen Worten, die Korruption ist der ewige Parasit des Geldes, das die Welt regiert. Bleibt nur zu hoffen, dass der Antikorruptionsgipfel in London uns keinen Sand in die Augen streuen sollte.
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