Am Donnerstag und Freitag kommender Woche wird die NATO ein Gipfeltreffen in Warschau veranstalten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kommentierte, dass nach der Entscheidung Großbritanniens, die Europäische Union zu verlassen, Europa erneut zerrissen und die weitere Entwicklung unklar sei.
Einige Beobachter meinen, dass der Brexit nicht als Unabhängigkeit Großbritanniens von Europa zu verstehen sei, sondern als Unabhängigkeit Europas von den USA – die angelsächsische Perspektive der Europäischen Union sei zu Ende. Einige Analysten halten ihrerseits auch einen Austritt aus der NATO durchaus für möglich. Welche Positionen wird nun Bulgarien angesichts dieser Lage auf dem Gipfel in Warschau einnehmen?
Ende vergangener Woche wurde die Haltung Bulgariens auf einer Sondersitzung der Regierung abgesprochen. Verteidigungsminister Nentschew hob hervor, dass es Bulgarien vor allem um eine Erhöhung der Sicherheit und eine ausgewogene, aber verstärkte Präsenz der Allianz in ihrer Ostflanke und im Schwarzmeerraum gehe. In den peripheren Gebieten der NATO müsse Stabilität herrschen und die Flüchtlingskrise bewältigt werden. Unter „verstärkter Präsenz im Schwarzmeerraum“ versteht die bulgarische Regierung mehr Militärübungen unter NATO-Führung in der Region. Das solle aber in Übereinstimmung mit dem Vertrag von Montreux geschehen, die den Aufenthalt von Kriegsschiffen von Nichtanrainerstaaten im Schwarzen Meer auf 21 Tage begrenzt. Der Regierung geht es darum, nicht mit den Säbeln zu rasseln oder gar Russland zu bedrohen, sondern den Migrationsstrom mit Hilfe der NATO abzuschneiden, ähnlich wie es in der Ägäis geschehen ist.
Vor drei Tagen äußerte der bulgarische Außenminister Daniel Mitow, dass Bulgarien auf dem NATO-Gipfel in Warschau darauf bestehen werde, die Länder der Nordost-Flanke der Allianz, sprich die baltischen Staaten und Polen, und die Länder der Südost-Flanke – also der Schwarzmeerregion und des restlichen Teils der südöstlichen Außengrenze der NATO gleichwertig zu behandeln. Es stellt sich die Frage, wie das mit der Aussage des deutschen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier von vergangener Woche in Einklang gebracht werden kann, der die Nato-Manöver in Osteuropa scharf kritisierte und meinte: „Was wir jetzt nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen.“
Analysten in Sofia sind der Ansicht, dass die Sicherheitsbedrohungen keine verstärkte Präsenz von NATO-Bodentruppen auf bulgarischem Territorium erfordere.
Unterschiede in den Haltungen sind auch gegenüber den Sanktionen gegen Russland bemerkbar. Wiederum vor drei Tagen kommentierte Außenminister Daniel Mitow, dass die NATO keine Militärkonfrontation nötig habe, da die Wirtschaftssanktionen gegen Russland gut greifen würden. In Europa ist man zu dieser Frage gespaltener Meinung; Italien und Ungarn sind besonders skeptisch, während Polen und die baltischen Staaten die Sanktionen am stärksten befürworten.
Die bulgarische Delegation, die sich am NATO-Gipfel in Warschau beteiligen wird, wird sich an der Ausarbeitung an einer gemeinsamen Erklärung der NATO und der EU beteiligen. Sie solle zusätzlich die strategische Partnerschaft fördern, die Widerstandsfähigkeit gegen die hybride Kriegsführung und Cyber-Bedrohungen und den Informationsaustausch verbessern helfen sowie den Aufbau von Kapazitäten hinsichtlich der Sicherheit allgemein und speziell zu Wasser und im Zusammenhang mit der Migration u.a. unterstützen.
Wie nun die Gespräche konkret verlaufen werden, kann nach dem Brexit nur schwer vorhergesagt werden, erste Anzeichen werden jedoch bereits in den kommenden Tagen erwartet.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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