Das NATO-Gipfeltreffen in Warschau ist ohne Überraschungen zu Ende gegangen. Im Mittelpunkt der Allianz stehen nach wie vor die Migration, der Terrorismus, die Gefahren für die Sicherheit im Osten, die Militarisierung der Krim und das veränderte Gleichgewicht im Schwarzmeerraum. Und auch die NATO-Russland-Politik erfährt keine Änderungen – man setzt weiterhin auch auf den Dialog mit Moskau. Und dennoch fällt im Ton der Abschlusserklärung auf, dass er schärfer geworden ist.
Der Dialog zwischen der NATO und Russland wurde aufgeschoben – auf dem NATO-Russland-Rat soll nach weiteren Möglichkeiten zur Rückkehr zur Normalität gesucht werden. Nichtsdestotrotz stationiert die Allianz vier multinationale Bataillons in Polen, Lettland, Litauen und Estland, was als eine Antwort auf die Annexion der Krim zu verstehen ist. Bulgariens Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew hat bereits deutlich gemacht, dass sich Bulgarien daran nicht beteiligen wird. Die Verpflichtungen des Landes als NATO-Mitglied im Schwarzmeerraum bleiben somit unverändert. Sofia ist nach wie vor bereit, sich an der internationalen Truppe in Rumänien mit 400 Soldaten zu beteiligen, um gemeinsame Übungen durchzuführen und so die Kompatibilität der NATO-Streitkräfte zu verbessern. Wie auch andere Mitgliedsländer hat Bulgarien auf dem NATO-Gipfel in Warschau betont, dass es um die neuen Kräfteverhältnisse im Schwarzen Meer besorgt sei, weshalb Staatspräsident Rossen Plewneliew eine erhöhte Präsenz der Allianz im Raum forderte. Zu einem Beschluss kam es in Warschau zwar nicht, das Thema soll allerdings beim bevorstehenden Treffen der Verteidigungsminister im Oktober debattiert werden.
Neu ist die vereinbarte Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Europäischen Union, was Bulgarien begrüßt. Mit der entsprechenden Absichtserklärung bauen sie ihre Partnerschaft aus, was andererseits auch die Mitgliedsländer im schwierigen Balanceakt zwischen internationalen und nationalen Pflichten unterstützt.
Und trotzdem war das Gipfeltreffen in Warschau aus bulgarischer Sicht nicht reibungslos. Schon wieder ließen einzelne sicherheitspolitische Themen tiefe Risse zwischen dem Staatspräsidenten und Oberbefehlshaber der Armee und dem Regierungschef entstehen. Nachdem Plewneliew eine stärkere Präsenz der NATO im Schwarzen Meer gefordert hatte, meldete sich Borissow zu Wort mit der Forderung, das Schwarze Meer solle eine entmilitarisierte Zone werden. Damit ist er sich selbst treu geblieben: vor nicht allzu langer Zeit ließ er seiner Phantasie freien Lauf und erklärte, im Schwarzen Meer wünsche er sich nichts weiter, als Segelboote, Touristen, Liebe und Frieden. Offensichtlich war es keine spontane Vorstellung des sonst nicht gerade romantischen Ministerpräsidenten, sondern eher eine klare Distanzierung von der NATO-Politik des verschärften Tons und des Säbelrasselns. Ob er sich bis zum NATO-Russland-Rat durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass sich Bulgarien nicht einig ist. Es ist etwas verwunderlich, dass Borissows Vorstellungen vom Schwarzen Meer mit denen der sozialistischen Opposition in Bulgarien übereinstimmen, was man von einem konservativen Politiker nicht unbedingt zu erwarten hat. So hatte die sozialistische Partei im Vorfeld des NATO-Gipfels von der bulgarischen Regierung gefordert, sich an keiner Auseinandersetzung mit Russland zu beteiligen.
Deutsche Fassung: Vessela Vladkova
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