„Die Jahre vergehen“, sagt er seufzend. „Am 20. Mai habe ich das 70. Lebensjahrzehnt begonnen. Mein Jubiläum begann mit einer Ausstellung und einem Kammerkonzert – Musiker der Stiftung „Konsonanz“ spielten für mich in der Galerie „Traktat“ in Plowdiw. Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen und spielte auch etwas. Eines der größten Ereignisse für mich war jedoch meine Teilnahme an der 52. Ausgabe des Internationalen Kammerfestivals in Plowdiw. Ich spielte in Begleitung meiner langjährigen Kollegin, der Pianistin Violetta Popova. Wir trugen Werke vor, die in verschiedenen Abschnitten meines Lebens eine Bedeutung für mich gespielt haben.“
Micho Dimitrov erzählte uns mehr über seine Erinnerungen an seinen Lehrer Yfrah Neaman:
„Yfrah Neaman lernte ich 1978 auf dem Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau kennen“, sagt der Geiger. „Wenige Monate später gewann ich auf dem Kreisler-Wettbewerb in Wien den Sonderpreis und er bot mir ein Stipendium des British Council an, woraufhin ich im Frühjahr 1980 für drei Jahre nach England reiste, um mich dort weiterbilden zu lassen. Danach bot man mir die Stelle des Konzertmeisters der Plowdiwer Philharmonie an. 1988 ging ich dann in die Niederlande, wo ich das Ausschreiben für den Posten des Konzertmeisters des Rundfunk-Philharmonieorchesters gewann. In dieser Position arbeitete ich ganze 25 Jahre. In den letzten Jahren habe ich mich der Pädagogentätigkeit verschrieben und leite auch Meisterklassen, obwohl ich weiterhin konzertiere.“
Wie ist Micho Dimitrov zum Malen gekommen, wollten wir von dem Geiger wissen. Und warum malt er gerade Kathedralen?
„Wir Musiker können uns bestenfalls als Koautoren fühlen, real betrachtet sind wir jedoch nur Interpreten“, erzählt der malende Geiger. „Ich kann keine einzige Note bei Mozart verändern und muss das Stück so spielen, wie er es vor 250 Jahren vor mir geschrieben hat. Und so kam in mir das Verlangen auf, etwas Eigenes zu schöpfen. Das Interessante dabei ist, dass es mich nicht zur Musik, sondern zur bildenden Kunst zog. Die Malerei ist zu meinem Hobby geworden und ich kann nun ganz nach Belieben improvisieren. Was die Themenwahl anbelangt, muss ich zugeben, dass mich die mittelalterliche und die antike Architektur schon immer stark beeindruckt haben. Auch Ruinenlandschaften sind sehr reizend. Es ziehen mich altehrwürdige Stätten an, an denen einst die Menschen bestimmte Rituale vollführten. Die Musik vernachlässige ich aber keinesfalls. Ich hoffe, dass ich in Bulgarien eine eigene Klasse aufbauen kann, mit der ich ständig arbeiten kann. Ansonsten leite ich in meiner Heimat jährlich fünf Meisterklassen. Ich kenne fast alle begabten Kinder der letzten zwei Generationen. Nach einer Periode des Verfalls erleben wir nun erneut eine Art Renaissance. Es gibt sehr begabte Kinder und ich höre ihnen immer liebend gern zu. Ich hoffe innigst, dass es tatsächlich zu einer Wiedergeburt kommt und wir unser Wissen und unsere Fähigkeiten an die nächsten Generationen weitergeben können, denn etwas anderes können wir nicht“, sagte abschließend der malende Geiger Micho Dimitrov.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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