Die Woche stand unter dem Zeichen einer umstrittenen Auslieferung – sieben türkische Staatsangehörige sind kraft des bilateralen Abschiebeabkommens zwischen Bulgarien und der Türkei dem Nachbarland ausgeliefert worden. Der Grund: Ankara hält sie für Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen. In Bulgarien hat man darauf sehr scharf reagiert, was auch verständlich ist, bedenke man, dass die USA die Abschiebung des Predigers monatelang verweigern, während Sofia ziemlich schnell mutmaßliche Anhänger einem Regime ausliefert, von dem sie geflüchtet sind. Die Bulgaren neigen in diesem Fall, die eigenen Behörden zu kritisieren. Insbesondere, nachdem eine journalistische Recherche ans Tageslicht brachte, dass neben den sieben mutmaßlichen Gülen-Anhängern auch zwei Oppositionellen der Türkei ausgeliefert worden sind. Beide seien ins Visier der türkischen Behörden geraten, weil sie der Regierung in Ankara Korruption vorgeworfen haben.
Die jüngste Auslieferung erinnerte zudem viele an den nicht weniger umstrittenen Fall des türkischen Geschäftsmanns und Gülen-Anhänger Abdullah Büyük vor rund zwei Monaten, der trotz Gerichtsbeschluss, dass der türkische Auslieferungsantrag politisch begründet und Repressalien zum Ziel hat, den Behörden in Ankara übergeben wurde. Er habe keine gültigen Papiere gehabt und sich seit sechs Monaten illegal in Bulgarien aufgehalten, hatte damals die bulgarische Innenministerin Rumjana Batschwarowa gesagt. Dieser Vorfall bewegt die Gemüter in Bulgarien und schaffte es sogar bis in den laufenden Wahlkampf. Der Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Sozialisten Rumen Radew schließt nämlich "eine gewisse Abhängigkeit" der Mitte-Rechts-Regierung in Sofia vom Erdogan-Regime nicht aus, während die Kandidatin der Regierungspartei Zezka Zatschewa konterte, das nationale Interesse sei wichtiger als "einzelne Rechte". Die Anzweiflung der Menschenrechte durch die amtierende Parlamentspräsidentin Bulgariens entrüstete den Kandidaten des konservativen Reformblocks Trajtscho Trajkow, der kommentierte, dies sei eine "Beleidigung an alle Bulgaren".
In die kontroverse Debatte schalteten sich auch die Menschenrechtler, die wie die Bürgerbeauftragte Maja Manolowa ganz klar erklärt haben, die Auslieferung sowohl von Abdullah Büyük vor zwei Monaten, als auch der sieben mutmaßlichen Gülen-Anhänger in dieser Woche schlichtweg verfassungswidrig sei.
Ministerpräsident Borissow kommentierte ebenfalls die umstrittene Auslieferung. Ihm falle es sehr schwer, angesichts der Flüchtlingskrise die nationalen Interessen des Landes zu schützen. Er forderte zudem auf, "Menschen, die nichts davon verstehen" die Manipulationen aufzugeben. Die Bürger sollten den Behörden mehr Vertrauen entgegenbringen.
Noch liegen keine Informationen vor, ob die sieben abgeschobenen Erdogan-Gegner die Möglichkeit bekommen haben, politischen Asyl in Bulgarien zu beantragen. Und es liegen auch keine Informationen darüber vor, was mit den ausgelieferten mutmaßlichen Gülen-Anhängern in der Türkei passiert.
Deutsche Fassung: Vessela Vladkova
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