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Präsidentschaftswahl: Mehr Fragezeichen als Antworten

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Das amtliche Endergebnis der gestrigen Präsidentschaftswahlen liegen zwar nicht vor, aber es steht fest: die entscheidende Stichwahl am kommenden Sonntag findet in einer neuen politischen Situation statt.

Entgegen der Erwartungen hat Zezka Zatschewa, die Kandidatin der Regierungspartei GERB, die Wahl verloren. Der von den oppositionellen Sozialisten unterstütze Luftwaffengeneral Rumen Radew hat sich in 20 der 28 Gemeinden durchgesetzt, Mit ihm schaffte es die sozialistische Partei zum ersten Mal seit der Wende, in Sofia als Sieger hervorzugehen. Die Mitte-Rechts-Regierungspartei GERB ist in der Hauptstadt zweitstärkste Kraft, dicht gefolgt vom Kandidaten des mitregierenden konservativen Reformblocks.

Die politischen Beobachter sehen im Ausgang aus der ersten Wahlrunde ein Anzeichnen für eine veränderte Stimmungslage im Land. Diese These wird durch das Ergebnis des nationalistischen Präsidentschaftskandidaten Krassimir Karakatschanow unterstützt: mit etwas mehr als 15 Prozent der Stimmen landete er auf Platz drei. Für eine Überraschung sorgte der unabhängige Kandidat Wesselin Mareschki mit mehr als 10 Prozent. Ein großes Fragezeichen bleibt die Zukunft des Showmasters Slawi Trifonow, der das zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgehaltene Referendum über Änderungen im Wahlrecht initiiert hat. Ob er die sehr hohe Wahlbeteiligung und Unterstützung beim Referendum nutzen wird, um eine eigene Partei zu gründen, ließ der Showman zunächst offen.

Im Gegensatz zu den Parlamentswahlen, ist das Votum für einen neuen Staatschef eine Mehrheitswahl, was eine direkte Übertragung der Wahlergebnisse nicht unbedingt glaubwürdig macht. So gesehen dürfte Ministerpräsident Borissow Recht haben, dass seine GERB-Partei bei dem gestrigen Votum als stärkste politische Kraft hervorgegangen ist, denn der Wahlsieger ist keine Parteikandidatur. Für den General a.D. haben nicht nur Anhänger der Sozialisten gestimmt, sondern selbst GERB-Wähler. Das weiß auch die Vorsitzende der sozialistischen Partei, woran vermutlich auch ihre Weigerung auf der Pressekonferenz in der Wahlnacht liegt, vermeintliche Neuwahlen zu kommentieren.

Der Ausgang am kommenden Sonntag ist schwer vorauszusagen. Unklar ist, wie sich die Wähler der Nationalisten entscheiden. Diese 15 Prozent der Wähler werden sich vermutlich zwischen beiden Kontrahenten spalten. Immerhin stützt Karakatschanows Partei die Regierung, ohne sich daran explizit zu beteiligen. Der mitregierende Reformblock sendet derzeit widersprüchliche Signale. Während vier der Reformblockparteien die Regierungskandidatin unterstützen wollen, will sich die fünfte Kleinstpartei im konservativen Bündnis nicht festlegen. Der sozialistische Anwärter auf den höchsten Posten im Land dürfte fest mit den Stimmen der liberalen Türkenpartei DPS rechnen. Obwohl auch hierbei ein Fragezeichen zu setzen wäre, denn nach den unendlich langen Warteschlangen vor den Wahllokalen im Ausland, einschließlich in der Türkei, ist durchaus zu erwarten, dass die Wahlbeteiligung am 13. November niedriger sein wird. So gesehen ist der Ausgang in einer Woche vollkommen offen.

Redaktion: Vessela Vladkova



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