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Nach der Präsidentschaftswahl steht Bulgarien vor einer neuen politischen Krise

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Foto: BGNES

Der gestrige Wahlsieg des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Rumen Radew ist beeindruckend. Zwar liegt das amtliche Endergebnis noch nicht vor, der fünfte Präsident Bulgariens steht aber fest. Hätte der Noch-Ministerpräsident Bojko Borissow seine Zukunft vom Wahlausgang nicht abhängig gemacht, wäre die Präsidentschaftswahl weit ruhiger über die Bühne gelaufen. Nun aber stehen wir vor einer neuen politischen Krise.

Wegen der Wahlniederlage gestern hat Regierungschef Borissow seine Ankündigung wahr gemacht und reichte heute den Rücktritt seiner Mitte-Rechts-Regierung ins Parlament ein. Er bestätigte erneut, dass sich seine GERB-Partei an keiner weiteren Regierung im Rahmen des jetzigen Parlaments beteiligen werde. Die beleidigte Reaktion des Partei- und Regierungschefs mag emotionsgeladen sein, ist aber nicht unlogisch. Immerhin haben für den parteilosen Oppositionskandidaten recht viele GERB-Anhänger und traditionelle konservative Wähler gestimmt. Nach zehn Wahlerfolgen in Folge ist die erste Niederlage besonders schmerzhaft und bitter.

Zwar setzte sich bei den Präsidentschaftswahlen ein von den Sozialisten unterstützter Kandidat durch, doch das reicht der Oppositionspartei nicht, um ein neues Kabinett zu bilden. Die Sozialisten verfügen über lediglich 38 Sitze im 240köpfigen Parlament. Dass die Sozialisten jedoch eventuelle Neuwahlen gewinnen, halten viele politische Beobachter für kaum möglich, und betonen, die Mitte-Rechts-Partei GERB des zurückgetretenen Borissow ist nach wie vor die größte politische Kraft in Bulgarien. Angesichts dessen scheint der Wahlsieg der Noch-Regierungspartei als sicher.

Dass es vorgezogene Parlamentswahlen geben wird, scheint unausweichlich. Die Verfassung schreibt genau vor, welche Schritte zu befolgen sind. Wenn keine Fraktion der jetzigen Volksversammlung ein neues Kabinett aufstellen kann, sollten nach Auflösung des Parlaments vorgezogene Wahlen anberaumt werden. Doch, genau dies wird ohne eine Deutung des Verfassungsgerichts wohl kaum möglich sein, denn das Grundgesetz weist eine Lücke auf. „Art. 99 des Grundgesetzes besagt, dass der Präsident das Parlament nicht auflösen und keine Neuwahlen ansetzen darf, wenn ihm weniger als drei Monate bis Ablauf seiner Amtszeit verbleiben“, erläuterte die ehemalige Verfassungsrichterin Prof. Emilia Drumewa in bulgarischen Medien. Das Staatsoberhaupt dürfe lediglich eine Interimsregierung ernennen. Der scheidende Staatschef Plewneliew ist bis zum 22. Januar 2017 im Amt. Somit erwartet man in Bulgarien, dass erst der neue Präsident Radew die vorgezogenen Parlamentswahlen ansetzt, die laut Verfassung nicht vor dem 22. März stattfinden können. Bis dahin übernimmt eine Interimsregierung die Amtsgeschäfte, während das Parlament, das nicht aufgelöst werden darf, wohl eine gravierende Wahlrechtänderung vornehmen wird. Das mit der ersten Wahlrunde abgehaltene Referendum hat nämlich die Abgeordneten dazu verpflichtet, die Mehrheitswahl einzuführen und die staatlichen Parteisubventionen drastisch zu kürzen. Beobachter in Bulgarien sprechen von einer politischen Krise. Fast drei Jahrzehnte nach der demokratischen Wende in Bulgarien geht das Landnun unbekannte Wege.

Redaktion: Vessela Vladkova



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