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Was tun mit dem Wahlrecht?

Foto: BGNES

Beim Referendum am 6. November haben sich 2,5 Millionen bulgarische Bürger für die Einführung der Mehrheitswahl in Bulgarien ausgesprochen.Angesichts dieser klaren Aussage wollen die zwei größten Parteien in Bulgarien – die bürgerliche GERB des Ministerpräsidenten Borissow und die oppositionellen Sozialisten, die Mehrheitswahl unterstützen, auch wenn sie gewisse Bedenken geäußert haben. Die Bürgerbeauftragte Maja Manolowa hat sogar einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht. Dabei entspreche man dem Willen der Wähler, obwohl Manolowa selbst einräumte, ein gemischtes Wahlsystem vorzuziehen. Demnach sollen 120 Parlamentssitze proportional, und die andere Hälfte der 240 Abgeordneten – in einer Mehrheitswahl bestimmt werden.

Diese Idee von Maja Manolowa ist nicht neu – als Abgeordnete der Sozialisten bis zu ihrer Wahl als Bürgerbeauftragte vertrat sie diese Ansicht mehrmals im Parlament. Für ein gemischtes Wahlsystem spricht sich auch die sozialistische Partei aus. Bei den Sondierungsgesprächen beim Präsidenten diese Woche forderte die bürgerliche GERB ihrerseits, das neue Wahlrecht noch für die vorgezogenen Parlamentswahlen im kommenden Jahr einzuführen. Da das Mehrheitswahlrecht die großen Parteien begünstigen würde, wie GERB und die Sozialisten, haben sich die kleinen Parlamentsparteien gegen die Wahlrechtsreform ausgesprochen. Ein gemischtes Wahlsystem wünscht sich auch der designierte Präsident Rumen Radew, wie er in einem Exklusiv-Interview für den Bulgarischen Rundfunk erklärt hatte. Ihm zufolge könnte die übereilte Einführung der Mehrheitswahl das politische System in Bulgarien „sprengen“, denn sie berge große Risiken, wie etwa die Verzerrung des Wählerwillens. Deshalb wolle Radew sich mit den Parteichefs und Fraktionsvorsitzenden im Parlament sowie mit Verfassungsexperten und Kennern des Wahlrechts beraten, wenn er Ende Januar in Amt tritt.

Unterdessen haben Wahlrechtsexperten gewarnt, bei einer neuen territorialen Aufteilung des Landes, wie es der Gesetzentwurf der Bürgerbeauftragten vorsieht, werden rund 7000 Stimmen für einen Parlamentssitz ausreichen. Dies mache den Stimmenkauf sehr wahrscheinlich – selbst Geschäftsleute werden es sich leisten können, hieß es. Der Stimmenkauf ist ohnehin ein Problem, das Bulgarien leider nur zu gut kennt. Angaben von Transparency International zufolge waren mehr als acht Prozent der Wählerstimmen bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren gekauft.

Damit schöpfen sich die Risiken jedoch nicht aus. Ein nicht minder großes Risiko ist die Schnelligkeit, mit welcher derzeit versucht wird, eine grundlegende Änderung des Wahlsystems in Bulgarien durchzuboxen. Die Neuwahlen sollen Ende März oder Anfang April 2017 stattfinden. Die Zeit bis dahin reicht nicht aus, um eine informierte und gut überlegte Entscheidung zu fällen.

Übersetzung: Vessela Vladkova




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