Sollte der Reformblock den Auftrag zur Regierungsbildung annehmen, wird die Patriotische Front die Politik in puncto illegale Einwanderung auf die Tagesordnung bringen. Das sagte der Co-Vorsitzende der Formation Krassimir Karakatschanow in einem Interview für den BNR. Ex-Verteidigungsminister Bojko Noew wiederum kommentierte, Europa sei sich bewusst, dass die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei dem Migrationsstrom nicht standhalten könne, weshalb es seine Kräfte an der serbischen Grenze zusammenballt.
Die designierte Vizepräsidentin Ilijana Jotowa gab heute bekannt, dass Bulgarien sich vor der Europäischen Kommission mit dem Bau von drei neuen geschlossenen Flüchtlingszentren engagiert habe. In Zeiten, da im Land Regierungs- und Präsidentenrochaden und Neuwahlen anstehen, steigern die Migrationsprobleme zusätzlich die Spannung und färben auf das öffentlich-politische Leben in Bulgarien ab.
Nach dem jüngsten Aufstand von Afghanen im Flüchtlingszentrum in Harmanli steht Bulgarien vor der Herausforderung, neue und vielfältigere Kapazitäten für die Aufnahme von Ausländern zu schaffen und klare Grenzen zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten zu ziehen. Menschenrechtler werfen den bulgarischen Behörden Gewalt gegenüber den Flüchtlingen vor, deren Widersacher fordern nicht nur eine Auszeichnung der Polizisten, die die Unruhen in Harmanli in den Griff bekommen haben, sondern auch strengere Auflagen für illegale Einwanderer. Die Bulgarische orthodoxe Kirche, die sich normalerweise von den weltlichen Problemen distanziert, mahnte in einem Statement der Heiligen Synode an, dass der Migrantenstrom aus kriegszerschundenen Ländern aus Nahost und Nordafrika inzwischen die Ausmaße einer Invasion annimmt. Die Regierung dürfe keine weiteren Flüchtlinge zulassen, sondern müsse sich in Rahmen ihrer Möglichkeiten auf humane Weise um die bereits Eingetroffenen kümmern.
Unter dem Druck patriotischer und nationalistischer Organisationen und mit Blick auf die Proteste gegen Flüchtlinge und Migranten hat sich die Regierung zu einer zügigeren Abschiebung illegaler Einwanderer und zur Einweisung gefährlicher Migranten in geschlossene Flüchtlingsheime entschlossen. In einem Telefonat hat Premier Bojko Borissow von seinem afghanischen Amtskollegen Abdula Abdula die Unterzeichnung eines Flüchtlingsrücknahmeabkommens verlangt. Es wurde vereinbart, dass die Innenminister Bulgariens und Afghanistans mit der Ausarbeitung des Dokuments betraut werden. Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen spricht sich jedoch gegen die Abschiebung aus und fordert die Schaffung besserer Lebensbedingungen in den Flüchtlingszentren. All das erfolgt vor dem Hintergrund eines winterbedingt abflauenden Flüchtlingsstroms nach Bulgarien, der aber von hier aus in Richtung Mittel- und Westeuropa schwillt. Absurderweise verlassen Migranten einerseits massenweise die Flüchtlingsheime, andererseits ziehen andere illegal dort ein. Aus diesem Grund hat das bulgarische Innenministerium die Kontrolle beim Einlassen und Verlassen dieser Heime verschärft und nimmt auch den Verkehr von Ausländern im Land nun genauer unter die Lupe. Die Behörden müssen nicht nur die schwere politische Lage meistern, sondern auch materielle, technische und Humanressourcen an der bulgarischen Grenze zur Türkei und zu Serbien mobilisieren. Die Tatsache, dass die Migranten, die an der türkischen Grenze ins Land kommen und es früher oder später in Richtung Serbien wieder verlassen, zeugt von einem ernsthaften Migrationsproblem innerhalb unserer Landesgrenzen. Ein Indiz dafür waren auch die Ausschreitungen im Flüchtlingszentrum in Harmanli, dessen Bewohner von den bulgarischen Behörden unter anderem auch verlangt haben, dass man ihnen einen Korridor sichert, über den sie über Serbien ihren Weg in Richtung Westeuropa fortsetzen können.
Das Migrationsproblem in Bulgarien ist auch wegen seinem chaotischen Charakter sehr besorgniserregend. Im Oktober wurden 1.178 neue Migranten in den Flüchtlingszentren untergebracht, während 2.400 Personen sie auf eigene Faust verlassen haben. Seit Jahresanfang haben 16.800 Ausländer einen Asylantrag gestellt, doch hat der Großteil von ihnen (12.500) vorzeitig Bulgarien wieder verlassen, so dass lediglich 423 Flüchtlingen Asyl gewährt wurde. Die Festnahmen illegaler Migranten sind um die Hälfte geschrumpft. Im Oktober 2015 wurden ca. 4.500 illegale Einwanderer verhaftet, im Oktober 2016 waren es 2.123 Personen, was von einer größeren Freizügigkeit zeugt. In den ersten zehn Monaten wurden 784 illegale Migranten abgeschoben, während 64 das Land freiwillig und auf eigene Kosten verlassen haben. Ergo geht das Migrantenproblem nicht allein mit sozialen und Organisationsproblemen einher, sondern auch mit schweren finanziellen Bürden. Im Kontext dieser Lage und vor dem Hintergrund wachsender Konflikte infolge der Migrantenwelle und der Weigerung der Türkei, sich an den Flüchtlingsdeal mit der EU zu halten, müssen die Bulgaren nicht nur die jetzigen Probleme stemmen, sondern müssen in Zukunft mit neuen rechnen. Der Kreuzweg zwischen Ost und West birgt eben nicht nur Vorzüge, sondern hat auch seine Schattenseiten.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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