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Bulgaren sind zehn Jahre nach EU-Beitritt weiter optimistisch

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Am 1. Januar vor zehn Jahren sind Bulgarien und Rumänien der EU beigetreten. Gestern gratulierte ein Kommissionssprecher beiden Ländern zu diesem Jubiläum und vermerkte, sie seien nun vitale Mitglieder der Gemeinschaft. Ob nun wegen der politischen Krise oder aus einem anderen Grund – das Jubiläum wurde in Bulgarien nicht feierlich begangen. „Die fehlenden Fanfaren“ bezeichnete die namhafte Ausgabe EurActiv als Zeichen dafür, dass die EU-Erweiterung nicht mehr in Mode ist. Umfragen belegen jedoch, dass die Bulgaren weiterhin EU-Optimisten sind, obwohl der EU-Enthusiasmus abgekühlt ist. Laut Gallup International zählt Bulgarien weiter zu den proeuropäischsten Staaten. Dabei betont die Agentur, Ende 2016 waren 26 Prozent der Bulgaren für den Austritt aus der Gemeinschaft, ein Jahr zuvor waren es nur 18 Prozent. Das zeuge von Verunsicherung unter den Optimisten.

Zehn Jahre nach dem Beitritt ist Bulgarien in der Tat ein stabileres und prosperierendes Land. Seine Bürger genießen die Personenfreizügigkeit sowohl als Touristen, als auch als Arbeitnehmer und Studenten. Laut Eurostat ist die Wirtschaftsleistung (BIP) in den letzten zehn Jahren von 28,7 Milliarden Euro auf 45 Milliarden Euro gestiegen. 2007 lag das Pro-Kopf-BIP bei 41 Prozent des EU-Durchschnitts, heute liegt dieser Wert bei ca. 50 Prozent. Der Mindestlohn ist von 46 auf 236 Euro gestiegen, das Durchschnittseinkommen von 205 auf 483 Euro. Eine Eurobarometer-Studie belegt, dass 2007 nur 36 Prozent der Bulgaren mit ihrem Leben zufrieden waren. Heute sind es 51 Prozent.

Trotz allem bleibt Bulgarien das ärmste EU-Land, fünf der sechs Regionen des Landes zählen zu den rückständigsten Regionen der Gemeinschaft. Kein anderes EU-Land verbucht ein so niedriges Pro-Kopf-BIP, eine niedrigere Arbeitsproduktivität und dermaßen unbefriedigende soziale, ökologische, demografische, institutionelle, Gesundheits-, Korruptions- und andere Werte wie Bulgarien. Auch zehn Jahre nach dem EU-Beitritt unterliegt unser Land in den Bereichen Justiz und Inneres dem Monitoring der Kommission. Statistik und Umfragen bescheinigen faktische Erfolge, die jedoch relativ sind. Das Massenbewusstsein der Bulgaren gibt dafür den heimischen Politikern die Schuld, was durch die ausgesprochen niedrigen Ratingwerte für Parlament und Regierung untermauert wird.

Die unrealistischen Erwartungen nach einem rascheren Aufschwung im Zuge des EU-Beitritts sind vor allem mit Faktoren wirtschaftlicher Natur verbunden. Aber auch andere Umstände geben Anlass zu Skepsis und Enttäuschung. Beispielsweise die Tatsache, das Bulgarien just zum zehnjährigen Beitrittsjubiläum als erstes Land in der Geschichte keinen eigenen Vertreter in der Kommission hat, nachdem die bisherige Vizekommissionspräsidentin Kristalina Georgiewa zur Weltbank gewechselt ist. Im Zuge der politischen Krise kann frühestens Ende Januar ein neuer Kandidat für den Kommissionsposten nominiert werden, wenn der designierte Staatspräsident Rumen Radew eine Übergangsregierung gebildet hat. Die Nominierung könnte sich aber auch bis nach den vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr hinziehen. Vom Amtsantritt der nächsten Regierung bis zur ersten EU-Ratspräsidentschaft des Landes Anfang 2018 liegen gerade einmal sechs Monate. Das lässt Zweifel über eine solide Vorbereitung auf diese Prüfung auf dem europäischen Weg Bulgariens aufkommen. Jetzt liegt es in den Händen der Politiker zu beweisen, dass diese Zweifel unbegründet sind.

Übersetzung: Christine Christov



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