Am Dienstag dieser Woche gab der neue bulgarische Staatspräsident Rumen Radew seine ersten zwei Erlässe heraus. Mit dem ersten ordnet er die Auflösung des Parlaments an, was am 27. Januar geschehen soll, und legt den Termin für die Neuwahlen auf den 26. März. Mit dem zweiten Erlass ernennt er Ognjan Gerdschikow als Premier der zu bildenden Übergangsregierung. Diese Erlässe sind das Ergebnis ausgedehnter Gespräche und dennoch ließen sie nicht lange auf sich warten, was an das Versprechen des neuen Staatsoberhaupts erinnert, dass er die Auflösung des Parlaments und die Ansetzung der vorgezogenen Wahlen nicht auf die lange Bank schieben werde. Noch besteht die Übergangsregierung einzig aus dem Premierminister; es wurden jedoch inoffiziell erste Namen genannt, die als sichere Kandidaten für die Ministerposten gelten und entsprechend Kommentare erlauben.
Mit der Ernennung von Gerdschikow als Premierminister der Übergangsregierung will Präsident Radew deutlich zeigen, dass es keine Regierung der Sozialisten sein werde, auch wenn sie bei seiner Wahl voll hinter ihm standen. Ognjan Gerdschikow war als Vertreter der Nationalen Bewegung Simeon II. (NDSW) Abgeordneter der 39. und 40. Volksversammlung. 2001 bis 2005 nahm er den Posten des Parlamentspräsidenten ein. Gerdschikow ist nicht nur ein Politiker der liberalen Ideen (also kein Sozialist), sondern auch ein hervorragender Jurist – er ist als Professor der Rechtswissenschaften tätig. Beobachter deuten seine Ernennung als einen Hinweis darauf, dass die Übergangsregierung von Präsident Radew vornämlich aus Experten bestehen werde. Diese Idee sagt den meisten Bulgaren zu, glaubt man den Umfrageergebnissen, die „Alpha Research“ ermittelt hat. Laut dieses Meinungsforschungsinstituts seien ¾ der Befragten der Ansicht, dass Experten besser mit den Aufgaben eines Übergangskabinetts fertig werden können. Seine Hauptaufgabe ist, die vorgezogenen Wahlen zu organisieren. Die Benennung des Premiers lassen Schlussfolgerungen auf die politischen Vorlieben des Präsidenten zu. Radew will offensichtlich den leidigen Vorwürfen ein Ende bereiten, dass er ein „Mann der Sozialisten“ sei. Gleichzeitig damit versucht er zu zeigen, dass er unabhängig von den politischen Kräften sei. Laut inoffiziellen Meldungen soll als Außenminister Radi Najdenow ernannt werden. Er entstammt dem Kabinett des Premierminister Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha und war danach Chefsekretär des Außenministeriums der ersten Regierung der GERB-Partei. Unter den weiteren bereits bekanntgewordenen Kandidaten für die Ministerposten ist kein einziger aus den Reihen der Bulgarischen Sozialistischen Partei. Es wird also kein Einschwenken in Richtung Moskau geben. Auch sind keine Mitglieder der ehemaligen Kommunistischen Staatssicherheit darunter. Rumen Radew hält sich offensichtlich strikt an die Empfehlungen der EU und NATO, keine Führungsposten an ehemalige Staatssicherheitsmitarbeiter zu vergeben.
Ein Präsident aller Bulgaren zu sein, bedeutet jedoch nicht, alles kritiklos hinzunehmen. Und das zeigt Rumen Radew mit dem Kandidaten für den Posten des Gesundheitsministers. Es ist Ilko Semerdschiew, ehemaliger Minister der Regierung des Iwan Kostow, der als offener Gegner der Politik des bisherigen Gesundheitsministers Petar Moskow in Erscheinung getreten ist, der wiederum den Wahlkampf des Reformblocks leiten werde. Als Innenminister wird aller Wahrscheinlichkeit nach der ehemalige Polizeichef der südbulgarischen Stadt Plowdiw, Plamen Usunow, eingesetzt werden. Er hatte während der Amtszeit von Innenministerin Rumjana Batschwarowa seinen Rücktritt eingereicht, nachdem laut inoffiziellen Meldungen zwischen beiden ein ernsthafter Konflikt aufgetreten war.
Mit der Festlegung des 26. März als Datum für die vorgezogenen Parlamentswahlen zeigte Rumen Radew einen Vorzug für den Vorschlag der Sozialisten; die GERB-Partei hätte es lieber gesehen, wenn die Wahlen erst Anfang April stattfinden würden.
Mit den ersten zwei Erlässen sorgte der neue Staatspräsident für Klarheit bezüglich des Termins für die Parlamentswahlen und die Übergangsregierung, die sie vorbereiten muss. Nun kommt jedoch eine Reihe weiterer Fragen auf. Wie werden sich der Präsidentenwechsel und die Zusammensetzung der Übergangsregierung auf den Wahlkampf und die Wahl selbst auswirken? Wird die GERB-Partei weiterhin die stärkste politische Kraft im Land bleiben, oder wird der 3prozentige Vorsprung vor der Bulgarischen Sozialistischen Partei dahinschmelzen? Welche Verschiebungen werden sich im Kräfteverhältnis zwischen den einzelnen Parlamentsparteien einstellen und wird die eine oder andere vielleicht aus dem Rennen geworfen? Inwieweit werden die neuen politischen Spieler Erfolg haben? All das sind Fragen, die bis April eine Antwort finden werden.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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