„Was verbindest du mit Schach, Krieg oder Frieden?“ Auf die Frage von Dr. Emil Markow antworte ich prompt: „Krieg!“ „Könnte es nicht auch Frieden sein, d.h. beide Seite helfen sich gegenseitig, um ihr Spiel zu verbessern?“, lautet überraschend die Gegenfrage von Dr. Markow. Der Psychiater ist Berater beim Zentrum für psychische Gesundheit in Pazardschik, dem einzigen Ort in Bulgarien, wo Schach als begleitende Therapieform zur Anwendung kommt. Bevor er sich dieser Aufgabe widmete, absolvierte Dr. Markow die Schachtrainerschule an der Sportakademie in Sofia.
„Für die Therapie ist jedes Mittel recht“, ist Dr. Markow überzugt. „Die Pharmakologie lässt sich vom Prinzip leiten – nicht die Medikamente sondern die richtige Dosis ist das Entscheidende. In einer bestimmten Dosis kann etwas heilend oder vergiftend wirken, angefangen bei der Luft, die wir atmen. Beim schnelleren Atmen wird einem auf Grund des höheren Sauerstoffgehalts im Blut schwindlig. Im Hochgebirge sind psychische Probleme die Folge von Hypoxie. Ich kann ihnen versichern, dass Schach sowohl für die Therapie als auch für die Diagnostik bestens geeignet ist."
„Jetzt breite ich vor ihnen das Schachbrett aus und wir beginnen darüber zu sprechen, warum sie den ein oder anderen Zug machen. Man braucht nicht einmal Schach spielen. Allein das Gespräch über Schach offenbart sehr viele Dinge. Beispielsweise meinte ein Nachbar, er setze 1.000 Lewa für jenen aus, der ihm sagt, was seinem Sohn fehlt. Sein Sohn ist in psychiatrischer Behandlung. Ich bot ihm an, ihm die Probleme seines Sohnes unentgeltlich zu erklären und lud ihn zu einer Partie Schach ein. Er lehnte ab, da er sich vom Denken losgesagt habe. Das wars. Was erwartet man vom Leben, wenn man sich vom Denken lossagt? Das Gehirn ist eine Maschine zum Überleben. Wir nehmen ständig Informationen auf, verarbeiten sie, treffen Entscheidungen und handeln. Die Maschine ist unaufhörlich in Betrieb. Wenn wir vor einem Menschen ein Schachbrett ausbreiten, ist das eine Standardsituation, auf die jeder anders reagiert. Der Psychotherapeut bewertet die Reaktionen und handelt. Wenn beispielsweise jemand meint, das sei nicht für ihn, da es zu kompliziert ist, weist das auf einen Minderwertigkeitskomplex hin. Will dieser Mensch sein Selbstbewusstsein stärken? Wenn ja, dann ist er herzlich willkommen.“
Schach hilft einem, sein Denken zu modellieren, jegliche Erkrankungen – von Depression über Alzheimer bis hin zu Drogenabhängigkeit und andere Abhängigkeiten – positiv zu beeinflussen. Beim Schachspielen lernt man sich und seine Umwelt besser kennen. Man erfährt Dinge über sich selbst und den Menschen gegenüber – wie verhält er sich einem gegenüber, hilft er ihnen bei Schwierigkeiten oder lacht er sie aus, spielt er ehrlich.
„Wir machen s.g. Schachbrettskizzen“, erklärt Dr. Markow weiter. „Beispielsweise zeichnen ich, meine Patientin, ihr Ehemann und ihre beiden erwachsenen Söhne ein Schachbrett. Dann frage ich sie, auf welchem Schachbrett sie sich am meisten geliebt fühlt. Sie antwortet: ‚Auf deinem Schachbrett`, und beginnt zu weinen. Sie weint, weil sie sich von ihren engsten Angehörigen nicht geliebt fühlt. Bei dieser Patientin verbesserten sich die Dinge im Laufe der Therapie. Nunmehr fühlt sie sich geborgen im Kreis ihrer Familie.“
Schach kann man auch mit lebendigen Figuren spielen. Auf einem 25 Quadratmeter großen Schachbrett. Dann ist es ein kollektives Spiel. Um einen guten Zug zu machen, muss man sich beraten und lernt dabei, sich auf andere einzustellen, sich mit ihnen abzustimmen. Für einen erfolgreichen Spielverlauf braucht es jedoch klare Regeln. Nach der Theorie von Gregory Bateson führe ein Spiel mit widersprüchlichen Regeln zu geistiger Verwirrung, erklärt Dr. Markow und weiter:
„Nicht die Biochemie im Gehirn ist konfus, sondern die sozialen Bedingungen sind mit widersprüchlichen Regeln verbunden – in der Familie, in der Gesellschaft. Ein Mensch, der versucht, sich sein Spiel nach diesen widersprüchlichen Regeln zurechtzulegen, landet in einer Sackgasse. Ganz egal, ob man bei einer Partie mit kontroversen Regeln nun spielt oder nicht, kann man Fehler machen und dafür angehalten werden. Das sorgt für Unbehagen, das den Menschen letztendlich in die Psychiatrie bringt.“
„Vor allem bedürfen die Menschen der Schulung“, meint Dr. Emil Markow. „Stellen sie sich ihr Leben wie eine Partie Schach vor (es gibt ein solches Buch von Kasparov). Anfangs zeigt man ihnen, wie es geht und lässt sie dann allein. Sie verlieren eine Partie nach der anderen und fühlen sich am Boden zertreten, enttäuscht und haben keine Lust mehr darauf. Anstatt das Gespräch mit ihnen zu suchen, um ihnen zu zeigen, wie gewinnen geht, führt man sie zum Psychiater. Man diagnostiziert Depression, verschreibt Medikamente und schiebt sie auf das Abstellgleis namens „Du bist krank, nimm deine Medikamente und warte bis es vorüber geht.“
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: chovekolubie.org und Privatarchiv
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