Zu Beginn dieser Woche fiel die Sitzung des Konsultationsrates für nationale Sicherheit beim Staatspräsidenten ins Wasser, was präzedenzlos ist. Dieser Rat fasst zwar keine bindenden Beschlüsse, stimmt jedoch unter den grundlegenden politischen Spielern in Bulgarien die Haltungen und Vorgehensweisen zu erstrangigen Fragen ab. Auf der gestrigen Sitzung sollten legislative Maßnahmen im Kampf gegen die Korruption besprochen werden.
Nach der Vorstellung der Berichte der jeweiligen Institutionen über die Korruptionsbekämpfung kam keine Diskussion zustande und Staatspräsident Rumen Radew löste die Sitzung unter der Begründung auf, dass es am nötigen Quorum fehle. Premierminister Bojko Borissow hatte sich zur Sitzung verspätet, weil er vordem ein Treffen mit protestierenden Arbeitern hatte. Er verließ auch vorzeitig den Rat. Seinem Beispiel folgten weitere Anwesende, während Vizepremierminister erst gar nicht erschienen waren.
Die Bulgarische Sozialistische Partei beschuldigte die Regierenden, sie hätten die Ausarbeitung einer einhelligen Haltung zur Korruptionsbekämpfung boykottiert und ihr Verlassen mit „dienstlichen Engagements“ begründet.
Die Sitzung des Konsultationsrates für nationale Sicherheit hatte Staatspräsident Radew schon einmal verschieben müssen und meinte nach dem gestrigen Einbruch: „Erst wenn die Antikorruption für die bulgarischen Politiker zu einer Priorität innerhalb ihrer innen- und außenpolitischen Engagements wird, werden wir einen Durchbruch in der Korruptionsbekämpfung erleben“. Radew vertagte die Sitzung auf den Dienstag kommender Woche.
Die Konfrontation zwischen Regierenden und Staatspräsident kam nicht überraschend. Vor wenigen Tagen hatte die regierende GERB-Partei den Staatspräsidenten indirekt der Korruption beschuldigt, woraufhin er meinte, dass die GERB einen Krieg gegen ihn anzetteln würde – „Wenn sie ihn will, soll sie ihn haben!“ sagte Rumen Radew lakonisch. Das Problem hat jedoch tiefere Wurzeln als erwartet, denn der Sitzung des Konsultativrates für nationale Sicherheit blieben von vornherein die Vertreter der „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ und der Partei „Wolja“ fern.
Diese Kontroversen stoßen in der Öffentlichkeit auf Unverständnis und es kommt die Befürchtung auf, dass man nicht gewillt ist, das eigentliche Problem – die Korruption, zu lösen. Dabei muss Bulgarien bereits seit Jahren von der Europäischen Union Kritik in dieser Richtung hinnehmen und ist zudem bestrebt, dass das Monitoring der Europäischen Kommission in den Bereichen Inneres und Justiz aufgehoben wird. Auch will Bulgarien nachdrücklich, dass es in den Schengen-Raum einbezogen wird. Unverständnis kommt auch deshalb auf, weil diese offene Konfrontation trotz der von allen Parlamentsparteien bekundeten Notwendigkeit einer Konsolidierung der Spitzenpolitiker angesichts der bevorstehenden bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft ausgetragen wird.
Unmittelbar nach dem Scheitern der Sitzung des Konsultationsrates für nationale Sicherheit verbreitete die Regierung eine Stellungnahme, in der jedwede Beschuldigungen eines Boykotts abgewiesen werden. Die Regierung unterstütze die Bemühungen des Staatspräsidenten, die institutionellen Vorgehensweisen gegen die Korruption zu konsolidieren und werde sich weiterhin an diesem Prozess beteiligen. In der Erklärung wird ferner betont, dass die Korruptionsbekämpfung auf allen Machtetagen von der Regierung zu einer Priorität erklärt worden sei. Das Antikorruptionsgesetz solle noch bis Jahresende verabschiedet werden.
In einer Woche wird die Öffentlichkeit in Bulgarien erfahren, ob diese Regierungserklärung ehrlich gemeint ist, denn dann wird der Konsultationsrat für nationale Sicherheit beim Staatspräsidenten erneut zusammenkommen.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
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