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Bulgarien kündet Haltungen während seiner EU-Ratspräsidentschaft an

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Auf ihrem Treffen in Brüssel Ende Juni haben die Premierminister Bojko Borissow, Jüri Ratas und Christian Kern das Programm für die Prioritäten der Europäischen Union in den nächsten 18 Monaten angenommen.
Foto: BGNES

Ende Juni gab das „Ratsvorsitz-Trio“ Estland-Bulgarien-Österreich fünf wichtige Prioritäten bekannt, die im 18monatigen Programm des Europäischen Rates verankert wurden. Seitdem erläutert Bulgarien zu verschiedenen Anlässen auf unterschiedlichen Ebenen diese Prioritäten seiner am 1. Januar kommenden Jahres beginnenden EU-Ratspräsidentschaft. Die offizielle Präsentation des nationalen Programms mit den entsprechenden Prioritäten wird Mitte Dezember erwartet, doch einige Haltungen zeichnen sich jetzt schon ab.

Was die Schlüsselbereiche Sicherheit, Stabilität und Grenzschutz anbelangt, gab auf der jüngsten Sitzung des Europäische Rates der bulgarische Premierminister Bojko Borissow zu verstehen, dass Bulgarien gegen eine Lösung des EU-Türkei-Abkommens, wie auch gegen eine Unterbrechung der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei ist. Borissow meinte, man solle von diesem Abkommen „die Hände lassen“, da es von Ankara eingehalten werde, so dass momentan auf Bulgarien kein Migrationsdruck wirke. Falls man das Abkommen lösen sollte, könnte Bulgarien keinesfalls die Migrationswelle nach Europa aufhalten. Laut dem bulgarischen Premier sei es momentan tatsächlich unangebracht, von einem EU-Beitritt der Türkei zu sprechen, doch man dürfe die Beziehungen zu diesem Land keinesfalls abbrechen.

Bojko Borissow bezog ferner auch zur gemeinsamen europäischen Verteidigung Stellung – ein Thema, das sich in letzter Zeit recht dynamisch entwickelt. Vor der Sitzung des Europäischen Rates in der vergangenen Woche wurde in Bulgarien eine Diskussion über die Möglichkeiten zur Schaffung gemeinsamer europäischer Verteidigungsstrukturen durchgeführt. Staatspräsident Rumen Radew äußerte auf dem Forum, Bulgarien müsse während seiner EU-Ratspräsidentschaft versuchen, die realen Probleme, die vor der Sicherheit stehen, vorzubringen. Bulgarien sollte aber auch selbst seine Haltung zur Sicherheit und entsprechend die Signale an seine Partner überdenken. Borissow hatte zu diesem Thema in Brüssel gesagt, Brüssel solle sich zuerst über seine(n) Gegner im Klaren werden, bevor es Milliarden für Flugzeuge, Panzer oder Artillerie ausgibt. Man müsse auch eine Antwort auf die Frage finden, woher die Militärtechnik bezogen werden sollte. Momentan habe sich beispielsweise Griechenland auf den US-Markt ausgerichtet, nachdem die europäischen Länder 5 Jahre lang Geld sammeln, damit dieses Land die Krise überwindet. Bei einer gut durchdachten und ausgewogenen gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik, wäre es angebracht, der europäischen Militärtechnik den Vorzug zu geben.

Was den Brexit anbelangt, der die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft stark beeinflussen wird, sprach sich Bojko Borissow dafür aus, die Emotionen beiseite zu lassen und sich auf pragmatische Lösungen zu konzentrieren, mit dem Gedanken, dass letztendlich Großbritannien die EU verlässt und für diese die Zukunft der eigenen Bürger wichtiger ist. In diesem Kontext werde sich Bulgarien vom Prinzip der Wichtung der Interessen der EU-Bürger leiten lassen. Eine solche Herangehensweise werde sich laut Borissow keinesfalls negativ auf die bilateralen Beziehungen zu Großbritannien auswirken. Bei seinem jüngsten Treffen mit seiner britischen Amtskollegin Theresa May in Brüssel, wurden diese Beziehungen von ihr als ausgezeichnet eingestuft.

Was die EU-Integration des Westbalkanraums anbelangt, in der Sofia eine Priorität sieht, warf Borissow in den Diskussionen über die europäischen Perspektiven der betreffenden Länder ein, dass Sofia von der Notwendigkeit überzeugt sei, die Wirtschafts- und Infrastrukturentwicklung sowie die digitale Verbundenheit der Region mit der Europäischen Union zu verteidigen.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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