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Gesundheitsminister geht – Korruptionsproblem oder Diagnose für die Gesundheitsreform

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Nikolaj Petrow
Foto: BGNES

Seit 3 Tagen hat die bulgarische Regierung keinen Gesundheitsminister. Nikolaj Petrow hatte seinen Rücktritt eingereicht, was von Premierminister Bojko Borissow gebilligt wurde, ohne konkrete Gründe zu nennen.

Eine journalistische Nachforschung des Fernsehsenders BTV hatte ergeben, dass Petrow in seiner vorherigen Position als Direktor der Militärmedizinischen Akademie einen Vertrag im Wert von 800.000 Euro mit einer Firma abgeschlossen hatte, dessen Chefunternehmer mit der Tochter Petrows ohne Trauschein zusammenlebt und beide ein gemeinsames Kind haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses leitete die Tochter das politische Kabinett des damaligen Gesundheitsministers Petar Moskow. Diese Tatsachen waren bereits vor Amtsantritt Petrows bekannt, wurden aber anscheinend unter den Teppich gekehrt. Offensichtlich aus den gleichen Gründen hatte es die Militärstaatsanwaltschaft des Sofioter Bezirks abgelehnt, eine Untersuchung gegen ihn einzuleiten. Es würden keine Angaben über Verstöße oder kriminelle Handlungen vorliegen, hieß es kurz. Nach dem Rücktritt des Ministers wird sich nun aber das Militär-Appellationsgericht mit der Absage der Militärstaatsanwaltschaft befassen.

Zwischenzeitlich regnete es an Meinungen in Unterstützung von Nikolaj Petrow. Der Ärztegilde ist aufgefallen, dass er in seiner kurzen Amtszeit stets zu Dialogen bereit gewesen ist und als erster Gesundheitsminister den Finanzminister überzeugt hat, dass der Gesundheitshaushalt spürbar erhöht werden müsse. Zudem hat er zu Beginn seines Mandats nicht wie all seine Vorgänger das bisher Erreichte als unwesentlich dargestellt. Nicht nur in Ärztekreisen wird gemunkelt, sondern auch einige Politologen sind der Ansicht, dass Nikolaj Petrow jemandes Interessen verletzt habe.

Unabhängig vom wahren Grund, der Nikolaj Petrow zum Rücktritt gezwungen hat, muss zugegeben werden, dass sein Ressort in allen bisherigen Regierungen das heikelste gewesen ist. Seit der Wende zur Demokratie 1998 hat es insgesamt 22 Gesundheitsminister gegeben. Nur in der Amtszeit von zwei Regierungen wurde der Gesundheitsminister nicht ausgewechselt (Kabinett des Sozialisten Widenow und Regierung „Borissow 2“). Doch beide Regierungen traten vorzeitig zurück! In der nunmehr dritten Regierung von Bojko Borissow ist die Auswechselung des Gesundheitsministers die erste Reparatur seines Kabinetts. Übrigens ist seine erste Regierung mit 4 Gesundheitsministern in die Geschichte eingegangen.

Die Statistik sagt deutlich aus, dass dieser Posten problembehaftet ist. Nunmehr ist die Lage jedoch besonders prekär, da die Debatten für den Staatshaushalt 2018 beginnen. Noch dazu toben Kontroversen über den chronischen Finanzmangel in der Gesundheitsfürsorge. Der Haushalt für kommendes Jahr sieht eine Erhöhung der Mittel für das Gesundheitssystem von rund 250 Millionen Euro vor; es mangelt jedoch an politischem Vertrauen gegenüber dem Bereich. Es kommt nicht unbegründet das Gefühl auf, dass der Rücktritt nicht einem Korruptionsskandal zuzuschreiben ist, sondern eine Diagnose für den Zustand der Gesundheitsreform darstellt, die als unbefriedigend, umstritten und von nicht öffentlichen Interessen beherrscht aufgefasst wird.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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