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Politisierung der Ökoproteste um Nationalpark Pirin

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Foto: BGNES

Proteste und Kontraproteste über die geplanten Baumaßnahmen imNationalpark Pirin, in der Nähe des Wintersportzentrums Bansko im Süden Bulgariens, fanden auch gestern statt und wurden inzwischen zum Politikum. Eine Woche nachdem die Regierung zugestimmt hat, 48% des Territoriums vom Nationalpark Pirin für potentielle Bautätigkeiten freizugeben und den Umweltminister zu bevollmächtigen, den entsprechenden Konzessionsvertrag zu verändern, begannen in zehn bulgarischen Städten, einschließlich in solchen, die nicht in der Nähe von Bansko sind, Protestaktionen zum Schutz des Nationalparks Pirin. Die Ausweitung der Proteste etabliert sie inzwischen zum landesweiten Anliegen.

Mittlerweile werden auch politische Forderungen gestellt. Die Unzufriedenen fordern die Einhaltung der Gesetze im Land und fünf außerparlamentarische Parteien sogar den Rücktritt von Umweltminister Neno Dimow. In einer gemeinsamen Erklärung der "Demokraten für ein starkes Bulgarien", "Ja, Bulgarien", "Grüne", Bulgarische Bauernpartei (BSNS), der "Bewegung für europäische Vereinigung und Solidarität" (DEOS) werden die Änderungen der Nutzungsbedingungen des Nationalparks Pirin als "politische Erpressung" bezeichnet. Die Parteien warnen, dass sie nicht zum versprochenen schnellen Bau eines zweiten Skilifts in Bansko führen werden. Vielmehr wolle man die Pläne für den Bau von neuen Pisten und Sportanlagen nutzen, um einen erneuten Bauboom nicht nur in Bansko, sondern im gesamten Pirin-Gebirge zu starten, der zur Rodung von jahrhundertealten Wäldern und einer nachfolgenden Bodenerosion führen wird.

Vizepremier Waleri Simeonow beschuldigte die Protestierenden, dass sie bei der Wählerschaft nur Punkte sammeln wollen. Die "Demokraten für ein starkes Bulgarien", "Ja, Bulgarien", "Die Grünen", die "Bauernpartei" und DEOS haben tatsächlich wenig Einfluss bei Wahlen, doch die Idee, die sie vereint, stößt in der Öffentlichkeit auf Sympathie und tatsächlich könnte dadurch ihre Popularität steigen.

Viele Befürworter in der Öffentlichkeit hat aber auch die These der Regierung, dass es eine Balance zwischen Umweltschutz und Wirtschaftsentwicklung geben müsse. Parallel zu den Protesten gegen den Bau einer zweiten Seilbahn fanden Gegenproteste der Befürworter des Baus statt, die die internationale Straße bei Simitli für eineinhalb Stunden blockierten. Auf ihren Spruchbändern waren Forderungen zu lesen wie "Grüne Parasiten raus aus Bulgarien!" Wegen der äußersten Konfrontation und um handgreifliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, wurden die Proteste von Dutzenden Polizeipatrouillen bewacht.

Die Verbissenheit beider Partein wiederspiegelt sich auch in der Presse. Wie weit der Konfrontationspegel gestiegen ist, lesen wir in der Zeitung "Trud", die in ihrer heutigen Ausgabe die Meinung des bekannten Journalisten und Verlegers Petjo Blaskow veröffentlicht, der unterstreicht, dass „die Proteste in dieser Woche nicht gegen die Entwicklung des Wintertourismus sind und auch nicht für den Schutz der Natur im Nationalpark Pirin, sondern gegen Bulgarien!“ Blaskow warnt, dass „ein Haufen Meuterer schon seit fünf Jahren jegliche nationale Initiativen blockieren“.

Es ist offensichtlich, dass bei so heftigen Gegensätzen über eine Balance zwischen Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung, so wie es die Regierung gern hätte, nicht die Rede sein kann. Die Frage ist, wie lange es so sein wird.

Übersetzung: Georgetta Janewa



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